Kennen Sie das? Ihr Text kommt Ihnen hölzern und ungelenk vor, Sie überarbeiten ihn wieder und wieder, aber besser wird er davon nicht. Egal ob beim Bloggen, dem Texten für die eigene Website oder der Kundenkommunikation: Wenn Sie erst mal unsicher werden, ist es schwer, da wieder herauszukommen.
Was hilft? Damit befasst sich der heutige Beitrag.
Hallo, Selbstzweifel
Wenn Sie in solchen Situationen aufmerksam in sich hineinhorchen, merken Sie vielleicht, dass Sie sich hauptsächlich selbst im Weg stehen. Da poppen dann Gedanken auf wie:
Ist das, was ich hier mache, gut genug?
Ich kann halt nicht schreiben. Das war schon in der Schule beim Aufsatzschreiben so und so wird es immer bleiben.
Das sind Selbstzweifel und negative Glaubenssätze, die Ihnen ganz schöne Steine in den Weg legen können.
Zum Schreiben braucht man Mut. Mut zu einem eigenen Stil, Mut, auf Regeln zu pfeifen. Als unsicherer Schreiber wird Ihnen dieser Mut schwerfallen. Wer sich nicht viel zutraut, geht lieber auf Nummer sicher. Die Folge: Ihren Texten fehlt es an Leben. Und das ist schade!
Viele Probleme beim Schreiben sind also Einstellungssache. Und an dieser Einstellung können Sie arbeiten. Alles, was Sie brauchen, sind die richtigen Mindsets.
Das Mindset als Schalter
Ja, „Mindset“ ist ein Anglizismus. Letztes Mal habe ich darüber gebloggt, warum sie manchmal völlig ok sind. Das ist auch hier der Fall: Ich könnte es „Einstellung“ oder „Denkweise“ nennen, aber beide klingen im Plural zu sperrig.
Vor allem aber gefällt mir die Zusammensetzung des Wortes „Mindset“. Der Verstand (mind) wird auf eine bestimmte Einstellung geschaltet (set). Denn tatsächlich geht es um eine bewusste Handlung: Sie selbst können den Schalter umlegen, indem Sie sich manche Dinge bewusst machen.
Hier sind sie also, meine sieben Mindsets für entspannteres Schreiben.
1. Mein Text muss nicht perfekt sein
Nichts lähmt mehr beim Schreiben als die Sorge, das Ergebnis werde nicht gut genug sein. Gerade Blogartikel müssen aber nicht perfekt sein. Wenn Sie sie richtig anpacken, treten Sie darin ja als Person auf. Niemand wird von Ihnen erwarten, dass Sie schreiben wie ein/e professionelle/r Texter/in. Dasselbe gilt für E-Mails und andere „lockere“ Texte.
Und wie steht es mit dem Internetauftritt? Hier kommt es doch ganz darauf an, auf welchem Level Sie unterwegs sind. Ein kleiner Handwerksbetrieb darf auch mal eine ungelenke Formulierung auf seiner Website haben. Die Erwartungen und Ansprüche des Lesers steigen erst mit der Größe einer Firma. Dann werden Sie aber auch die Mittel haben, in einen professionellen Texter zu investieren.
2. Fehler passieren
Und wenn ein Rechtschreibfehler bleibt? So what. Jedem unterläuft mal ein Fehler. Leute, die darüber Häme ausgießen, wollen sich damit nur selbst aufwerten.
Bei Texten, bei denen es wirklich auf Fehlerfreiheit ankommt, lohnt es sich, in ein Korrektorat oder Lektorat zu investieren. Dann haben Sie dieses Problem aus dem Kopf.
3. Ich kann nicht alles ausdrücken
Ein ganz häufiger Fehler besteht darin, zu viel auf einmal transportieren zu wollen. Dann wird aus einem harmlosen Absatz schnell ein wildwucherndes Ungetüm. Satzanschlüsse stimmen nicht mehr, der rote Faden ist verloren, Sie blicken selbst nicht mehr durch. Was für ein Albtraum!
Verabschieden Sie sich daher von dem Anspruch, alles ausdrücken zu wollen. Sie müssen Prioritäten setzen. Haben Sie den Mut, Dinge wegzulassen!
4. Ich muss nicht allen gefallen
Viele Unternehmer wollen so viele potenzielle Kunden wie möglich ansprechen und ja niemanden verschrecken. Dadurch gewinnen Sie aber nichts. Entweder wird Ihr Text schwammig – bloß nicht festlegen – oder aber schlichtweg langweilig. Mit so einem Einheitsbrei sprechen Sie am Ende niemanden mehr an.
Deshalb: Polarisieren Sie! Spitzen Sie zu, zeigen Sie Profil. Wenn Sie dabei den einen oder anderen Interessenten verlieren, ist das absolut verschmerzbar. Sie wären eh nicht Ihre Wunschkunden. Schreiben Sie für Ihre Zielgruppe, Ihren Tribe. Sie wird sie umso mehr schätzen.
Unterm Strich werden Sie so mehr Interessenten für sich gewinnen als mit der Everbody’s-Darling-Nummer.
5. Mein Deutschlehrer liest nicht mit
Unsichere Schreiber neigen zu Hyperkorrektheit. Das wirkt aber schnell blutleer. Ein Text nach Lehrbuch ist nicht automatisch der bessere.
Trauen Sie sich, auch mal Formulierungen außerhalb der Norm einzustreuen. Schreiben Sie, wie Sie sprechen. Und vergessen Sie das (Hoch-)Schuldeutsch – das hier ist keine Examensarbeit.
6. Irgendwann is‘ auch mal gut
„Hier fehlt noch ein Aspekt. Das hier ist nicht präzise genug formuliert. Oh, was ist mit der emotionalen Dimension?“ Es ist gut, wenn Sie Ihre Texte genau analysieren und Verbesserungsmöglichkeiten erkennen. Aber wenn Sie das wieder und wieder tun, werden Sie nie fertig werden.
Die Natur eines Kunstwerkes ist nun mal, dass es nie wirklich abgeschlossen ist. Es wird nur irgendwann vom Künstler so gelassen.
Es kommt also der Moment, an dem Sie sagen müssen: „Lieber Text, ich überlasse dich jetzt dem Internet. Gehe hinaus in die Welt und rock das Ding.“
7. Jeder fängt mal an
Ja, möglicherweise schreiben andere besser als Sie. Aber es gibt auch viele Menschen da draußen, die sich gar nicht trauen, etwas zu veröffentlichen. Wenn Sie mit Ihren Texten online gehen, haben Sie diesen Menschen schon einmal eine Menge voraus! Es gibt Ihnen die Möglichkeit, zu wachsen und mit jedem Text besser zu werden.
Learning by doing – das gilt auch beim Schreiben.
Fazit: Selbstbewusst schreiben für bessere Texte
Wenn Sie diese sieben Mindsets verinnerlichen, werden Sie beim Schreiben nicht mehr so leicht in die Selbstzweifel-Falle tappen. Haben Sie Zutrauen in sich und Ihren Text. Sie schaffen das!
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Katja Friedrich meint
Liebe Annika,
Wahnsinn! Ihr Artikel ist ein Blick in meine Seele. Ich fühle mich ertappt – als ob Sie meinen Schreibprozess der letzten Jahre begleitet haben.
Selbstzweifel plagten mich jahrelang, auch während meines Studiums. Ich hatte tolle Ideen und super Thesen, brachte sie aber selten zu Papier. Ich wollte immer alles auf einmal schreiben – doch heute weiß ich, dass ich mit dieser Taktik scheitern musste. Ich habe (leider) mehrere Hausarbeiten angefangen, aber nicht beendet. Meine größte Feindin war ich selber. Ich hielt mich lange – zu lange – mit der Korrektur einzelner Absätze auf, so dass ich irgendwann die Lust und den Glauben an mich verlor. Ich verschlimmbesserte die Texte regelrecht. Und irgendwann waren sie „blutleer“. (Schönes Wort, es ist so treffend. Das werde ich ab sofort in meinen Wortschatz aufnehmen.)
Oder ich packte zu viel in meine Hausarbeiten. Bei einer erhielt ich die Note 5,0. Mein Dozent meinte noch, es war nicht falsch, was ich geschrieben habe, es war nur zu viel und es fehlte der rote Faden. Da ist meine Taktik nicht aufgegangen: Ich wollte all mein Wissen auf 15 Seiten pressen und den Dozenten damit beweisen, was für eine kluge Frau ich doch sei. Heute weiß ich: Ich kann nicht alles ausdrücken (Regel 3), ich muss nicht allen gefallen (Regel 4) und irgendwann is‘ auch mal gut (Regel 6).
Irgendwann merkte ich, dass Rechtschreibung und Grammatik einen Text nicht automatisch gut machen. Also musste mehr her und ich fing an, mich mit dem Konzept des verständlichen Schreibens auseinanderzusetzen – und da bin ich auch auf Ihren Blog gestoßen. Ich bin ein theoretischer Mensch und muss mich erst einmal mit Theorien beschäftigen, bevor ich mit der Praxis anfange. Als ich die theoretischen Kenntnisse verinnerlicht hatte, fing ich mit dem Schreiben an. Dann wurde es auch endlich besser und mit jedem Absatz wuchs mein Selbstbewusstsein. Und manchmal breche ich auch dann und wann gezielt die Regeln, um eine bessere Wirkung zu erzielen. Das hätte ich mich früher nie getraut. Mittlerweile schreibe ich nach dem Motto, das mir mein Freund beigebracht hat: „Der Text ist gut, konstruktive Kritik erwünscht. Und an alle Miesepeter, die immer alles schlechtreden: F**** euch doch selber.“ Es klingt komisch, aber der Satz hilft. Immer wenn ich an meinem Text zweifel, sag ich ihn laut – und dann fühle ich mich direkt besser.
Ihr Artikel fasst perfekt meine Schreibentwicklung zusammen, als ob Sie mich persönlich kennen. Ich schäme mich ein wenig für den Gedanken, aber es tut gut zu wissen, dass auch andere diese Probleme haben. Denn in meinen dunklen Stunden dachte ich immer, ich sei die Einzige, die nicht verständlich schreiben kann. Dieser Gedanke trieb ich mich noch weiter in den Abgrund. Das war ganz sicher keine schöne Zeit.
LG, Katja
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Katja,
vielen Dank, dass Sie Ihren „Leidensweg“ so ausführlich mit uns teilen. Ich bin mir ganz sicher, dass es vielen Leuten so geht! Dass es bei Ihnen schon so viel besser geworden ist, macht Mut. Ich wünsche Ihnen noch ganz viel Erfolg auf Ihrem Schreib-Weg und vor allem viel Freude dabei. Wenn man die bewahrt – oder überhaupt erst entdeckt –, kann man auch mit Phasen des Zweifelns umgehen.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Werner Keller meint
Eine kleine Korrektur: „Mindset“ ist kein englischer, sondern ein typisch amerikanischer Begriff. Das richtige Wort lautet „Mentality“, mit dem die Amerikaner wie auch in vielen anderen Fällen nicht viel anzufangen wissen. Sie konstruieren dann in der Regel simplifizierte Begriffe, die „leichter zu verstehen“ sind.
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Keller,
wie gesagt, ich finde den Begriff „Mindset“ toll. 🙂
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Milena meint
Hallo Annika, Danke für den tollen und hilfreichen Beitrag. Manchmal muss man eben einfach „machen“, statt sich mit zu vielen Gedanken selbst Steine in den Weg zu legen. Liebe Grüße, Milena!