Ein Satz braucht Subjekt, Prädikat, Objekt, so haben wir es in der Schule gelernt. Aber hey – da sind wir ja nicht mehr. Mit Kurzsätzen, Fragen und Ausrufen können Sie Ihren Text wunderbar auflockern, ganz ohne Aufsatzstil. Mit solchen Einsprengseln bringen Sie eine Mündlichkeit in Ihren Text, die ihn gleich viel natürlicher klingen lässt.
Adieu, Aufsatzstil
„Aufsatzstil“ nenne ich es, wenn ordentliche Sätze aneinandergereiht sind – immer schön Subjekt, Prädikat, Objekt. Und ja nicht mit „und“ oder „oder“ beginnen oder gar einen Nebensatz ohne Hauptsatz stehen lassen. Diese früh erlernten Regeln führen dazu, dass Texte unnötig steif und dröge werden.
Dabei ist Texten so viel mehr! Beim Schreiben Ihrer Unternehmenstexte haben Sie alle Freiheiten der Welt. Keine Lehrerin wird es Ihnen mehr anstreichen. Das gilt für Slogans und Headlines genauso wie für Blogbeiträge und anderen Content. Die meisten Texte können locker Kurzsätze wie diese vertragen:
- Ein Moment, der im Gedächtnis bleibt.
- Schön wie nie.
- Aber natürlich.
- Zum Glück nicht.
- Schade nur, dass …
„Korrekt“ wäre: „Dies ist ein Moment, der …“ „Es ist schade, dass …“ Sie bräuchten also immer ein Subjekt und ein Verb. Wenn Sie sie weglassen, bauen Sie Ellipsen – das ist erlaubt. Ihre Leserin denkt sich den Rest dazu.
Ebenso dürfen Sie Nebensätze allein stehen lassen oder einen Satz mit „und“ oder „oder“ beginnen:
- Zumal das neu ist.
- Weil wir es können.
- Und das zu Recht.
- Oder Sie versuchen es noch einmal.
Ihre Kurzsätze dürfen auch Fragen oder Ausrufe sein:
- Verrückt? Nein, sicher nicht.
- Warum? Weil Hilfe not tut.
- Weg vom Bierernsten!
- Es bewegt sich etwas. Gut so!
Und was haben Sie davon? Dazu will ich Ihnen drei Argumente nennen.
Argument Nr. 1: Mündlichkeit sticht
Zunächst einmal haben Kurzsätze ganz viel mit Mündlichkeit zu tun. Beim Sprechen sind Kurzsätze gang und gäbe. „Kein Problem.“ „Wenn ich es dir doch sage.“ So was benutzen wir ständig.
Der Trick ist, sich ähnlich locker auch durch Ihre geschriebenen Texte zu bewegen. Mündliche Sprache wird als natürlicher und lebendiger empfunden, im Gegensatz zu der oft steifen Verquastheit der Schriftsprache. Wenn Sie Kurzsätze einstreuen, nutzen Sie genau dieses Potenzial. Ihr Text wird lebendiger.
Argument Nr. 2: Hallo, Emotionen
Mit Kurzsätzen können Sie außerdem Emotionen in Ihren Text bringen. Vergleichen Sie einmal die folgenden Varianten:
- Diese Momente sind wichtig, weil sie das Herz erfreuen und nachwirken.
- Diese Momente sind wichtig. Weil sie das Herz erfreuen. Weil sie nachwirken.
Die zweite Version wirkt deutlich emotionaler. Trauen Sie sich, zwischendurch Punkte zu setzen. So schaffen Sie Sprechpausen, die wiederum für Betonung und Nachdruck sorgen. Und wer Nachdruck setzt, setzt auch Emotionen.
Argument Nr. 3: Komplizierte Sätze abfedern
Ein weiteres Argument: Kurzsätze wirken entspannend. Gerade wenn Sie ein kompliziertes Thema vermitteln müssen, können Kurzsätze ein Aussteigen des Lesers verhindern.
Wo immer möglich, lassen Sie daher nach einem inhaltlich dichten Satz einen einfachen Satz zur Entspannung folgen. Das verschafft dem Leser eine kleine Atempause, bevor er sich wieder dem nächsten anspruchsvollen Abschnitt widmet.
Bitte nicht übertreiben
Achten Sie darauf, das Stilmittel der Ellipse nicht zu sehr zu häufen. Sonst stellt sich ein grammatisches Störgefühl ein. Letzten Endes bedeutet jeder Punkt, kurz stehenbleiben zu müssen – und Ihr*e Leser*in will beim Lesen ja auch vorankommen. Daher: Sparsam dosiert wirken Kurzsätze am besten.
Eine etwas softere Form ist, den Kurzsatz mit einem Gedankenstrich anzuschließen:
- Er war sauer – und das zu Recht.
- Es bewegt sich etwas – gut so.
Fazit: Nur Mut zu Kurzsätzen
Es gibt Glaubenssätze beim Schreiben, die wir nicht hinterfragen und die uns nur unnötig bremsen. Das Dogma „korrekt“ gebildeter Sätze gehört dazu. Lösen Sie sich davon. Ihren Texten wird das nur guttun – weg von der steifen Überkorrektheit, hin zu mehr natürlichem Ausdruck.
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Michael Eggers meint
Für journalistisch geprägte Texte eignen sich Kurztexte wohl weniger. Und dennoch verwende ich sie, in dem ich sie anstatt eines eigenständigen Satzes mit einem Gedankenstrich an einen ausformulierten Satz anhänge. So kann man eine Aussage mit einem angehängten “ – und das zu Recht.“ wunderbar kommentieren, ohne dass dies vom Satzbau her unangenehm auffällt.
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Eggers,
danke für diese Ergänzung. Das mit dem Gedankenstrich mache ich auch oft so. Ich habe den Tipp mit in den Beitrag aufgenommen.
Viele Grüße
Annika Lamer
Walter meint
Mein liebstes Stilmittel?
Die Elipse.
Unvollständige Sätze sind deutlich schneller als die schnöden Komplettsätze aus der Schule.
Aber natürlich sollte man es nicht übertreiben.
Sonst peitscht man den Leser durch den Text und er fühlt sich am Ende des Artikels wie ein gejagter Hund 😉
LG, Walter
Alex Bruns meint
Guten Tag Frau Lamer,
eine Frage zum Setzen des Fragezeichens bei folgender Satzkonstellation:
Bei der Betriebszugehörigkeit wird dieses mit einer Urkunde gewürdigt.
„Ist diese Aussage korrekt, da ich seit fünf Jahren dem Betrieb angehöre?“
Wir bei der Fragestellung das Fragezeichen nach dem „Korrekt“ oder wie oben geschrieben, am Ende des Satzes gesetzt?
Vielen Dank im Voraus für die Problemlösung
Mit freundlichen Grüßen
Alex Bruns
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Bruns,
Ihr Satz ist etwas verkürzt, er stimmt meines Erachtens grammatisch nicht – unabhängig vom Fragezeichen. Vielleicht etwas in dieser Richtung:
– Wenn man bedenkt, dass ich seit fünf Jahren dem Betrieb angehöre, ist diese Aussage dann korrekt?
– Da ich seit fünf Jahren dem Betrieb angehöre, frage ich mich, ob diese Aussage korrekt ist.
Herzliche Grüße
Annika Lamer