Werbebriefe, Anzeigenschaltungen, Akquiseanrufe? Die Zeiten sind vorbei, in denen Sie sich darauf beschränken mussten, dem Kunden Ihr Angebot in blumigen Worten schmackhaft zu machen. Social Media, Blogs und Newsletter haben die alten Werbemittel ergänzt oder sogar ein Stück weit abgelöst. Bei ihnen geht es nicht darum, offen zu werben, sondern dem Kunden Mehrwert zu bieten – jedenfalls, wenn man es richtig macht.
Genau darum kümmert sich meine Kollegin Dorothee Köhler. Die Texterin ist spezialisiert auf Corporate Publishing. Corporate Publishing, so definiert es Dorothee auf ihrer Website, „ist keine Werbung, sondern nützlicher Inhalt“. Es geht also um Unternehmenskommunikation, die dem Kunden einen besonderen Nutzwert bietet: in Kundenzeitschriften, Newslettern, Blogs, Büchern.
Ich freue mich sehr, dass Dorothee heute auf meinem virtuellen Interview-Stuhl Platz genommen hat und mir ein paar Fragen beantwortet.
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Erzähl uns doch kurz etwas über dich. Wie kam es dazu, dass du dich ausgerechnet auf Corporate Publishing spezialisiert hast?
Während meines Germanistik-Studiums arbeitete ich als freie Korrektorin und Lektorin für den Campus Verlag, einen Sachbuch-Verlag in Frankfurt. Nutzwertige Literatur war also schon zu Beginn meiner Berufstätigkeit ein sehr dominantes Thema. Als ich mein Studium gerade beendet hatte, beauftragte mich Campus damit, einen Ratgeber zu schreiben. „Berufliche Weiterbildung im Ausland“ hieß er, und es war der erste von fünf Ratgebern, die ich zwischen 1997 und 2003 geschrieben habe. Diese Bücher haben mir sehr geholfen, mich als Autorin und Texterin zu etablieren.
Den nutzwertigen Sachtexten bin ich seither treu geblieben, die Themen haben sich jedoch erweitert und verschoben: Bei den Büchern und anderen Publikationen, die ich heute im Auftrag von Unternehmern und Unternehmen verfasse, geht es meist um Führung, Personal, Projektmanagement, persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Ich habe aber auch Kunden mit speziellen Branchenthemen: Geschäftsreisemanagement, IT, Medizintechnik, Handwerk.
Corporate Publishing finde ich deshalb ein faszinierendes Feld, weil es den Lesern bzw. Kunden erlaubt, vom enormen Know-how zu profitieren, das Unternehmer und Unternehmen haben: Wissenswertes, Unterhaltsames, Rat, Erfahrung. Dafür, dass es funktioniert, gibt es bereits seit über hundert Jahren sehr gute Beispiele: Schon 1891 druckte Dr. Oetker auf den Backpulver-Tütchen Kuchenrezepte ab und veröffentlichte 1911 das erste Dr. Oetker Schulkochbuch: Das Unternehmen hatte früh begriffen, dass es seine Produkte besser verkaufen kann, wenn es den Kunden nützliches Wissen gleich mitliefert.
Um einen Blog oder Newsletter mit echtem Nutzwert aufzusetzen, muss ein Unternehmen oftmals Mut beweisen: den Mut, Branchenwissen preiszugeben. Was sagst du einem Unternehmen, das hier zögert?
Kein Unternehmen muss seine Geschäftsgeheimnisse preisgeben, um seine Kunden mit nützlichen Inhalten versorgen zu können. Zwischen „Ich sage gar nichts!“ und „Ich sage alles!“ gibt es ja jede Menge Spielraum. Und selbst wenn Kunden (und damit automatisch auch Konkurrenten) tiefe Einblicke in das Branchenwissen eines Unternehmens bekommen, heißt das noch lange nicht, dass sie dieses Wissen auch genauso umsetzen könnten wie das Unternehmen selbst.
Um es an einem eigenen Beispiel deutlich zu machen: Ich habe auf der Internet-Plattform akademie.de einen sehr ausführlichen Text dazu veröffentlicht, was gutes Sachbuch-Ghostwriting ausmacht und wie man Sachbuch-Ghostwriter wird. In diesen Text sind all mein Wissen und meine Erfahrung eingeflossen, die ich in jahrelanger Arbeit erworben habe.
Potenzielle Konkurrenten können davon sehr stark profitieren. Aber selbst wenn sie genau wissen, wie so ein Projekt abläuft, wie es kalkuliert und geplant wird, sind sie dadurch nicht automatisch in der Lage, genau die Qualität zu liefern, die meine Kunden von mir bekommen, oder genauso individuell und unverwechselbar ihre Kunden zufriedenzustellen, wie ich das tue. Da spielt doch die fachliche und persönliche Kompetenz eine viel zu große Rolle, und die kommt mir nicht abhanden, wenn ich mein Wissen mit anderen teile.
Deshalb bin ich persönlich sehr entspannt damit, und meine Erfahrungen sind überaus positiv – gerade auch mit der Konkurrenz (die eigentlich keine ist): Kolleginnen und Kollegen empfehlen mich oft weiter, wenn sie selbst einen Auftrag nicht übernehmen können. Und das machen sie sicherlich auch deshalb, weil sie meiner Arbeitsweise vertrauen – was sie nicht könnten, wenn ich sie im erwähnten Artikel bei akademie.de nicht derart ausführlich dokumentiert hätte.
Welchen Newsletter hättest du selbst gerne im Postfach? Welchen möchtest du nie wieder lesen?
Ich persönlich lese gerne Newsletter, die gut gestaltet und getextet sind. Wer mich mit langweiligen Betreff-Zeilen oder Überschriften langweilt, nur seine Produkte in den Vordergrund stellt und es nicht schafft, seine Botschaften in Geschichten zu verpacken, hat verloren.
Die meisten Newsletter lese ich aus beruflichem Interesse – wie sind sie gemacht, was steht drin, welche Themen werden aufgegriffen, wie sind die Inhalte aufbereitet? –, privat lese ich nur einen einzigen: den meines bevorzugten Outdoor-Ladens, und das auch nur, um über alle Sonderangebote auf dem Laufenden zu bleiben. Zu profan? 😉
Social-Media-Präsenzen, Blogs und Newsletter gehören für Unternehmen inzwischen schon fast zum Pflichtprogramm. An Kundenmagazine hingegen denkt man nicht sofort. Für wen lohnen sie sich?
Ein Kundenmagazin muss nicht grundsätzlich als 40-Seiten-Hochglanzmagazin daherkommen und achtmal im Jahr erscheinen, es geht erstens auch eine Nummer kleiner und zweitens online, das spart Druck- und Versandkosten. Deshalb lohnen sich Kundenmagazine grundsätzlich für alle Unternehmen, die ihre Kunden mit relevanten Geschichten und Informationen überzeugen wollen. Das passende Format lässt sich jederzeit finden und anpassen.
Auf deiner Website nennst du Bücher die „Königinnenklasse der Unternehmenspublikationen“. Kannst du das näher erklären?
In unserer Kultur haben Bücher nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert. Und deshalb ist ein Buch eines der besten Marketing-Instrumente, die es gibt – es belegt eindrucksvoll Kompetenz und Expertenstatus des Autors auf einem bestimmten Gebiet.
Websites, Vorträge, Workshops – das sind die Selbstverständlichkeiten, damit hebt sich niemand mehr von der Konkurrenz ab. Wenn ein Unternehmen aber beispielsweise die Ergebnisse seiner Studien in einem Buch präsentiert oder wenn (Solo-)Unternehmer, Freiberufler oder Führungskräfte ihre Erkenntnisse und Erfahrungen zwischen zwei Buchdeckel packen, dann können sie sich ganz anders Gehör und Sichtbarkeit verschaffen – in der Öffentlichkeit, in der Presse, bei potenziellen Kunden.
Und es gibt noch ein gewichtiges Argument pro Buch: Potenzielle Kunden des Autors können ihm quasi bei der Arbeit über die Schulter schauen. Sie erfahren, wie ein Unternehmen oder ein Unternehmer tickt – und können schon vorab prüfen, ob der Nasenfaktor stimmt. Unterm Strich: Als Buchautor steigert man seinen Marktwert, kann höhere Honorare verlangen, gewinnt und hält mehr Kunden durch den Nutzwert, den man bietet.
Reicht es, wenn ich als Unternehmer/in eine gute Idee für ein Buch habe, um mit deiner Hilfe ein Buch zu veröffentlichen? Welche Voraussetzungen sollte ich mitbringen?
Im Prinzip reicht eine gute Idee, ja. Sie muss aber wirklich gut sein, sprich: einen Aspekt haben, den es so noch nicht in Buchform gab. Entweder ist das Thema bzw. die Themenkombination neu, die Zielgruppe oder die Aufmachung. Und der Autor oder die Autorin muss glaubwürdig für sein bzw. ihr Thema stehen. Wenn sich ein 29-Jähriger ohne nennenswerte Berufserfahrung als Ratgeberautor für Aufsichtsräte und Vorstände profilieren will, dann ist das wenig glaubwürdig.
Mir ist außerdem sehr wichtig, dass ein Autor und ich einen guten Draht zueinander haben und dass ich eine gewisse Nähe zum Buchthema entwickeln kann. Sonst macht mir die gemeinsame Arbeit keinen Spaß.
Als Ghostwriterin – egal ob für Social-Media-Posts, Blogbeiträge oder ganze Bücher – willst du ja sicher Authentizität vermitteln, kannst sie aber letzten Endes nur künstlich erzeugen. Wie gehst du mit diesem Spannungsfeld um?
Ich sehe das recht spannungsfrei. Vergleiche mit dem Handwerk sind in Texterkreisen zwar oft verpönt – ich ziehe einen solchen Vergleich hier dennoch ganz bewusst: Wenn ich mit einer tollen Idee für ein Möbelstück zu einem Schreiner gehe und er dann genau das Teil baut, das ich mir vorgestellt und gewünscht habe, käme ja auch kein Mensch auf den Gedanken, zu sagen, das sei unauthentisch, oder? Und ganz ähnlich ist es mit dem Ghostwriting: Einer hat die Idee und der andere das handwerkliche Können, um diese Idee professionell umzusetzen.
Zu diesem handwerklichen Können gehört auch die Fähigkeit, sich empathisch in die Denkwelt eines anderen Menschen einzufinden und dann die dazu bzw. für den anderen passenden Worte zu finden. Das braucht viel wache Aufmerksamkeit, geschulte Wahrnehmung und Einfühlungsvermögen. Unter dem Strich heißt das: Ein guter Ghostwriter schreibt so, wie der Autor selbst schriebe, hätte er die Zeit oder die Kompetenz dafür.
Zum Schluss die Frage, die ich all meinen Interviewpartnerinnen stelle: Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Freude?
Was ich sehr schätze, sind die intensiven und vertrauensvollen Arbeitsbeziehungen, die sich zwischen mir und meinen Kunden entwickeln. Mit den meisten von ihnen arbeite ich seit vielen Jahren zusammen – und ich liebe es, mich in ihre jeweiligen Spezial- und Fachgebiete zu vertiefen. Ich habe schon sehr viel gelernt über: Wölfe, Werte in der Wirtschaft, IT System Management, Projektmanagementmethoden, irische Mönche, Kundengenerierung, Personalmanagement, Führungsalltag und effiziente Meetings, um nur einige Beispiele zu nennen.
Was ich ebenfalls sehr spannend finde, sind die Entwicklungen in meiner eigenen Disziplin. Durch das Internet und die sozialen Medien haben sich so viele neue Möglichkeiten aufgetan, über die Unternehmen und ihre Kunden in Kontakt miteinander treten können – ein Unternehmen kommt heute nicht mehr daran vorbei, wirklich relevante Inhalte zu entwickeln, jenseits von üppig bebilderten und teuren Werbekampagnen. Das zu erleben und mitzugestalten, finde ich großartig.
Vielen Dank für das Interview, liebe Dorothee, und weiterhin viel Erfolg.
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