Schwurbelphrasen nenne ich Wendungen, die einen Satz unnötig aufblähen. Man sagt etwas nicht direkt, sondern baut noch ein wenig Geschwurbel drumherum – oft aus dem Bemühen heraus, höflich zu klingen. Als Leserin macht mich das eher ungeduldig. Ich habe es lieber, wenn man mir eine Information direkt gibt, anstatt sie umständlich anzukündigen. Wie geht es Ihnen? Fünf Beispiele habe ich für Sie gesammelt.
1. Bitte beachten Sie, dass …/Bitte berücksichtigen Sie, dass …
Folgende Satzkonstruktion lese ich sehr häufig:
Bitte beachten Sie, dass aktuell alle Verfügbarkeiten ausgebucht sind.
Bitte berücksichtigen Sie, dass unser Haus keine EC-Karten-Zahlung akzeptiert.
Warum bekomme ich hier erst noch gesagt, dass ich den Umstand beachten soll? Ich empfinde das fast als ein wenig bevormundend – als müsste ich angeleitet werden in meinem Beachten. Bekomme ich die Information ohne Umschweife, beachte ich sie nicht weniger:
Leider sind aktuell alle Termine ausgebucht.
Eine Zahlung mit EC-Karte ist leider nicht möglich.
So spare ich mir den Umweg über den Nebensatz und komme schneller an meine Information.
Das „leider“ bringt noch etwas Höflichkeit rein. Vielleicht denken Sie jetzt: „Ist ,leider‘ nicht nur eine Floskel? Schließlich hat sich der Anbieter aus freien Stücken gegen die EC-Karten-Zahlung entschieden.“ So streng muss man das jedoch nicht sehen. Der Anbieter ist sich bewusst, dass seine Entscheidung für den Kunden oder die Kundin von Nachteil ist – und drückt das in dem „leider“ aus.
2. Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass …
Auch im folgenden Beispiel macht der Sprecher erst noch quälende Runden, bevor er auf den Punkt kommt:
Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass unser Haus ab sofort wieder für Sie geöffnet hat.
Dahinter mag das Bemühen nach menschlicher Wärme stehen. Doch die Phrase zieht sich hin wie Kaugummi und wirkt unnötig kompliziert. Wie wäre es mit:
Unser Haus hat wieder für Sie geöffnet – wir freuen uns auf Sie.
Neulich las ich übrigens, dass man „wir freuen uns auf Sie“ nicht verwenden solle, es sei zu floskelhaft. Doch nicht alle Wendungen kann man so leicht ersetzen, und ich finde den Bezug vom Wir zum Sie nach wie vor gut.
3. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass …
Ein Hinweis ist ein Hinweis, ohne dass man ihn als solchen benennt.
In Bezug auf Ihre Reklamation möchten wir Sie darauf hinweisen, dass Haustiere nicht erstattungsfähig sind.
Auch hier gilt: Besser ohne Umschweife.
Da Haustiere nicht erstattungsfähig sind, können wir Ihnen leider nicht weiterhelfen.
4. Hierzu möchten wir anmerken, dass …
Zu „mitteilen“ und „hinweisen“ tritt noch „anmerken“:
Hierzu möchten wir anmerken, dass Sie jederzeit die Möglichkeit haben, einen Farbwunsch zu äußern.
Machen Sie Anmerkung einfach direkt, anstatt sie anzukündigen:
Nennen Sie uns gerne Ihren Farbwunsch.
5. Zunächst lässt sich sagen, dass …
Letztes Beispiel: Müssen Sie Ihrem/r Leser*in wirklich sagen, dass Sie etwas sagen möchten?
Warum herrscht bei uns Leinenpflicht? Zunächst lässt sich sagen, dass wir Hunde immer sehr gerne bei uns begrüßen. Auf den Wegen möchten wir Sie jedoch bitten, Ihren Hund anzuleinen, da …
Besser, Sie kommen direkt zum Punkt:
Warum herrscht bei uns Leinenpflicht? Hunde sind bei uns jederzeit willkommen. Auf den Wegen bitten wir Sie jedoch …
Fazit: Besser direkt als umständlich verschwurbelt
Stellen Sie sich vor, ich würde vor jedem Satz erst mal sagen, dass ich jetzt einen Satz äußern möchte. Zum Glück erfordert unsere Sprache das nicht. Wenn Sie etwas mitteilen, anmerken oder sagen wollen, tun Sie das einfach. Hängt es nur an der Höflichkeit, können Sie das durch andere Marker ausdrücken – mit Worten wie „leider“ und „gerne“. So kommt der Leser, die Leserin schneller an die Information.
Fallen Ihnen noch weitere Beispiele für „Schwurbelphrasen“ ein? Posten Sie sie gerne im Kommentarfeld.
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Jürg B. Stucki meint
Hallo Annika
Vielen Dank für deine „schnörkellosen“ Tipps. Ich duze mal, weil ich als Schweizer schneller zu DU komme.
ich glaube auch schon mal in deinem Blog gelesen zu haben, dass auch das Bitten direkt geht.
„Auf den Wegen möchten wir Sie jedoch bitten, Ihren Hund anzuleinen.“
Wäre es hier nicht direkter: „Auf den Wegen bitten wir Sie jedoch, Ihren Hund anzuleinen.“
Hitzegeplagte Grüsse aus der Schweiz.
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Jürg,
tatsächlich habe ich darüber auch nachgedacht, als ich über dem Beispielsatz saß. Mit „möchten“ klingt es halt etwas höflicher, nicht ganz so ruppig … Aber im Sinne meines Blogthemas werde ich das mal ändern.
Viele Grüße
Annika
Diana meint
Wenn ich mich einmischen darf: Meine Ausbilderin sagte immer, wenn ich etwas tun MÖCHTE, habe ich es noch lange nicht getan.
Also nicht „Wir möchten Sie einladen“, sondern „Wir laden Sie herzlich ein“. Und auch nicht „Wir möchten uns entschuldigen“, sondern „Wir bitten um Entschuldigung“.
Liebe Grüße
Diana
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Diana,
danke für die Ergänzung!
Viele Grüße
Annika
Heike Rudnick meint
Liebe Annika,
ich habe mal gelernt, wir sollen „leider“ nicht verwenden, weil es gar kein „leider“ gibt. Für den einen ist es „leider, für den anderen okay. In diesem Beispiel: EC-Karte ist nicht so wichtig, sonst hätten wir ja die Zahlung eingerichtet. Ich finde die Sätze ohne „leider“ immer sehr klar.
Wie findest du (darf ich auch als Deutsche duzen?) die „Schwurbel“ „Bitte haben Sie Verständnis …“?
Gruß aus dem Norden Heike
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Heike,
na klar, gerne per Du.
Ja, diese Problematik habe ich versucht anzusprechen mit:
„Vielleicht denken Sie jetzt: „Ist ,leider‘ nicht nur eine Floskel? Schließlich hat sich der Anbieter aus freien Stücken gegen die EC-Karten-Zahlung entschieden.“ So streng muss man das jedoch nicht sehen. Der Anbieter ist sich bewusst, dass seine Entscheidung für den Kunden oder die Kundin von Nachteil ist – und drückt das in dem „leider“ aus.“
„Für den einen ist es leider, für den anderen okay“: Genau. Für den Anbieter ist es ok, für den Kunden ist es leider. Weil der Anbieter empathisch ist, sagt er trotzdem: Sorry, dass ich Ihnen diese Unannehmlichkeit zumute.
Ich persönlich empfinde „Eine Zahlung mit EC-Karte ist nicht möglich“ als zu ruppig. Aber das kann man so oder so sehen, klar.
Viele Grüße
Annika
Dr. Annika Lamer meint
Und zu „Bitte haben Sie Verständnis“: Danke für das Beispiel, das passt gut dazu.
„Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine EC-Karten akzeptieren.“
Hier könnte man sagen, es ist fast zu viel verlangt, vom Kunden auch noch Verständnis zu erwarten.
Viele Grüße
Annika
Gunnar meint
„Bitte haben Sie Verständnis …“? oder „Wir bitten Sie dafür um Verständnis, …“ sind für mich Höflichkeiten. Mir sind diese Formulierungen lieber, als z.B. „Vielen Dank für Ihr Verständnis!“ Da geht mir fast immer das berühmte, von mir aber nicht getragene, Messer in der Tasche auf.
Warum?
Wenn ich z.B. an einer Ladentür lese, „Wir haben heute ab 15 Uhr geschlossen. Vielen Dank für Ihr Verständnis!“ frage ich mich. What? Der Laden hat zu, ich komme umsonst und dann wird mein Verständnis dafür förmlich vorausgesetzt?
Wenn ich lese: „Leider haben wir heute ab 15 Uhr geschlossen. Wir bitten Sie dafür um Verständnis.“ ist die Situation so wie vorher, bei _mir_ kommt sie aber anders an. Auch das in den Kommentaren schon gedemütigte „Leider“ trägt zur Entspannung bei.
Warum der/die/das den Laden eher schließt ist mir egal. Zu ist zu. Wie man es mir aber mitteilt, macht für mich schon einen Unterschied.
Timm Bossmann meint
Hallo, das letzte Beispiel „hinkt“ doppelt: Die Frage, warum es eine Leinenpflicht gibt, wird überhaupt nicht beantwortet. Schlauerweise wirft man diese Frage erst gar nicht auf, wenn man sie nicht beantworten kann oder will. Ich würde schreiben: „Aus Rücksicht auf andere Gäste müssen Hunde auf den Wegen angeleint werden.“ Knapp, klar, nachvollziehbar. Liebe Grüße Timm
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Timm,
ja. Ich stellte mir vor, dass der Text danach noch weitergeht, wollte ihn jedoch nicht zu lang machen. Es geht ja eigentlich nur um den Satz in der Mitte. Ich habe mal ein „da“ ergänzt.
Viele Grüße
Annika
Zille meint
Ach … der Beitrag streichelt meine Seele – wie hasse ich nichtssagende, nahezu schwachsinnige und vorauseilenden Entschuldigungen.
Hat sich der komische rote Klecks, den Sie als Favicon nutzen, als Wiedererkennungszeichen bewährt?! Schöne Grüße an den eleganten Zeilenvogel aus Dresden.
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Zille,
der Klecks hat sich sehr bewährt, ja.
Immerhin haben Sie den Zeilenvogel als Avatar, wenn Sie hier kommentieren. 😉
Viele Grüße
Annika
Jens meint
Hallo, Annika,
ich musste erst einmal nachschlagen, welche Bedeutung „schwurbelig“ in Ihrem aktuellen Beitrag hat. Nun weiß ich es: schwindelig, verwirrt. Und ja, ich stimme Ihnen zu, dass man oft nicht auf den Punkt kommt. Zu viele Floskeln verwirren. Ein Beispiel: „Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass es heute regnet.“ Oder: „Ganz ehrlich, die Wettervorhersage ist mir zu ungenau.“ Ich frage mich bei diesen Aussagen dann immer, ob der/die Schöpfer(in) solcher Satzkonstruktionen bei anderen Aussagen ohne Ehrlichkeitshinweis lügt. Wahrscheinlich nicht, denn dann bedient man sich dem mittlerweile inflationären Adverb „tatsächlich“.
Viele Grüße
Jens
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Jens,
mit „schwurbelig“ meine ich vor allem „umständlich“. „Schnörkelig“ könnte man auch sagen, wenn Ihnen das eher was sagt.
Man muss allerdings sehen, dass nicht jede Formulierung total präzise einer logischen Aussage dient. Wir sind ja keine Roboter. 🙂 Besonders im Mündlichen gibt es ganz viel weiche Zusätze – so wie „ehrlich gesagt“ und „ganz ehrlich“. Im Sprechakt fallen sie normalerweise nicht weiter auf. Im Schriftlichen würde ich sie streichen, aber da wird das sicher nicht so häufig vorkommen.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Jens meint
Vielen Dank, Annika. Noch eine nachträgliche Korrektur meinerseits: Ich hätte mich natürlich im letzten Satz meines Wortbeitrages des Genitivs bedienen müssen. Der kommt leider manchmal zu kurz und macht dem Dativ zu Unrecht Platz.
Beste Grüße
Jens
Joe Lienert meint
Schöner Text, gute Argumente, danke!
Oben genanntes Beispiel
«Warum herrscht bei uns Leinenpflicht? Hunde sind bei uns jederzeit willkommen. Auf den Wegen möchten wir Sie jedoch bitten, Ihren Hund anzuleinen.»
liesse sich aber noch etwas weiter entschlacken: Die Modalverben «möchten, sollen, dürfen, wollen, können …» lassen sich meistens vermeiden; ohne sie wird der Text noch schlanker und gewinnt an Kraft.
Also hier statt «Wir möchten Sie bitten …» einfach «Wir bitten Sie …»
«Warum herrscht bei uns Leinenpflicht? Hunde sind bei uns jederzeit willkommen. Wir bitten Sie jedoch, Ihren Hund auf den Wegen anzuleinen.»
oder
«Warum herrscht bei uns Leinenpflicht? Hunde sind bei uns jederzeit willkommen. Bitte leinen Sie jedoch auf den Wegen Ihren Hund an.»
(Kommt hinzu, dass der Satz «Auf den Wegen möchten wir Sie jedoch bitten …» missverstanden werden kann. Denn wir bitten ja nicht bloss auf den Wegen darum, sondern überall …)
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Lienert,
das hatte ich bereits am 23. Juni geändert („möchten“ gestrichen), vielleicht war bei Ihnen noch eine alte Version im Cache?
Ich meinte tatsächlich, dass die Hunde NUR auf den Wegen angeleint werden müssen, nicht überall. 😉
Auf jeden Fall danke fürs Mitdenken. 🙂
Viele Grüße
Annika Lamer
Dana meint
Herzlichen Dank für diesen erfrischenden Beitrag. Ich persönlich finde Sätze mit „möchten“ oft verwirrend. Etwas zu möchten und etwas zu tun sind für mich zwei Dinge. Der Klassiker, den ich immer wieder höre, ist: „Ich möchte mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.“ Dann bitte tun Sie es! 🙂