Eigentlich ist dieser Blog nicht dazu da, dass ich meine persönlichen Erfahrungen vor Ihnen ausbreite. Ab und zu mache ich es aber doch, weil ich denke, dass auch ein Ratgeberblog etwas Abwechslung vertragen kann. Und der jetzige Anlass ist – für mich persönlich – zu wichtig, als dass ich ihn wortlos verstreichen lassen könnte: mein fünfjähriges Jubiläum als freiberufliche Texterin.
Wenn Sie möchten, folgen Sie mir also auf eine kleine Zeitreise durch fünf Jahre Selbstständigkeit. Die Quintessenz dieser fünf Jahre möchte ich gerne auch als Rat an Sie weitergeben, gerade wenn Sie mit Ihrem Business noch am Anfang stehen: Bauen Sie einen Blog auf, es lohnt sich. Aber, so lautet mein zweiter Rat: Quälen Sie sich nicht damit, wenn Bloggen nicht Ihr Ding ist.
Das erste Jahr
Mein Leben als freiberufliche Texterin startete am 1. August 2011 unter dem Unternehmensnamen „Zeilenvogel“. Dank Gründungszuschuss konnte ich diesen Schritt trotz aller Risiken wagen. Das größte Risiko: (fast) keine Beziehungen. Lediglich zwei Kontakte bescherten mir ab und zu einen Auftrag. Das war natürlich zu wenig. Wie also an Aufträge kommen? Meine Strategie sah in diesem ersten Jahr wie folgt aus:
1. Auftragsbörsen
Die ersten Aufträge akquirierte ich über Auftragsbörsen. Mit manchen Anbietern machte ich ganz gute Erfahrungen, mit manchen eher schlechte. Ich habe über eine Auftragsbörse aber tatsächlich drei gute Kunden gewonnen, von denen zwei mir bis heute erhalten geblieben sind.
Näher darauf einzugehen, wäre jetzt müßig, denn die Voraussetzungen haben sich in den fünf Jahren mit Sicherheit geändert (Gebühren, Auftragsstruktur, erzielbare Honorare …).
2. Netzwerken
Als ich in die Selbstständigkeit startete, fehlten mir definitiv die Kontakte. Ich recherchierte daher intensiv, welche Netzwerke es in Berlin so gibt, und besuchte auch ein paar. Einem dieser Netzwerke trat ich bei: Schöne Aussichten – Verband selbständiger Frauen e. V. Die Mitgliedschaft dort war wertvoll aus anderen Gründen, aber nicht in puncto Aufträge. (Ich sage „war“, weil ich inzwischen nicht mehr Mitglied bin.)
Außerdem wurde ich Mitglied bei dem Online-Netzwerk texttreff.de. Hier geht es um den Austausch unter Gleichgesinnten – Texterinnen, Autorinnen, Übersetzerinnen & Co. Was mir hier an gegenseitiger Unterstützung, an Offenheit und Esprit begegnet, ist einfach einmalig. Den Texttreff möchte ich definitiv nicht mehr missen!
3. Werbebriefe
Schließlich und endlich versuchte ich es mit Werbebriefen. Letztens habe ich auf diesem Blog erklärt, warum es so wichtig ist, bei Werbebriefen auf Masse zu gehen. So viel wollte ich damals aber nicht investieren. Ich habe stattdessen auf den Faktor Glück gesetzt. Tja, das Glück war mir nicht hold – Erfolg gleich null.
Das zweite Jahr
Im zweiten Jahr musste eine neue Akquisestrategie her (keine Auftragsbörsen mehr!). Meine Idee: Ich gründe einen Blog.
1. Erfolgsteam
Zu meinem Glück rief die Berliner Gründerinnenzentrale gerade eine neue Erfolgsteam-Runde aus. Ein Erfolgsteam ist ein Zusammenschluss von einer Handvoll Unternehmer/innen, die gemeinsam anstehende Schritte besprechen und sich gegenseitig unterstützen. Jedes Treffen (die bei uns alle drei Wochen stattfanden) gliedert sich in folgende Phasen:
- Check-up: Was habe ich seit dem letzten Treffen erreicht?
- Unterstützungsphase: Feedback von den anderen
- Zielsetzung: Was möchte ich bis zum nächsten Treffen erreichen?
Letzteres war für mich das Wichtigste: das richtige Quäntchen Druck, um mir von Treffen zu Treffen konkrete Ziele zu setzen. Mein übergeordnetes Erfolgsteam-Ziel war der Aufbau eines Blogs. Die Zwischenziele waren die einzelnen Schritte, die dafür nötig waren. So sah mein Plan aus:
2. Blog
Das Erfolgsteam hat mir unheimlich geholfen, mein Blogprojekt strukturiert und mit festen Zeitvorgaben umzusetzen. So kam es schließlich am 25. November 2012 zur Geburtsstunde des „Zeilenvogel-Blogs“ (wie er damals hieß). Ein Beitrag über die Metapher machte den Auftakt.
Es dauerte etwa drei Monate, bis ich die ersten Anfragen über den Blog bekam. Sonderlich groß war die Resonanz allerdings noch nicht – was nicht weiter schlimm war, weil im Hause Lamer noch einmal Nachwuchs anstand.
Das dritte Jahr
Während meiner Babypause lief mein Unternehmen nur auf Sparflamme weiter. Ich kümmerte mich aber weiter um meinen Blog – mit stetig wachsenden Zugriffszahlen.
Das vierte und das fünfte Jahr
Nach der Babypause stellte ich die Weichen noch einmal auf Professionalisierung. Ich engagierte Janine Guldener für schicke neue Fotos und WordPress-Expertin Ina Baumbach für eine neue, modernere Internetpräsenz. Bei der Gelegenheit schaffte ich auch den Absprung von zeilenvogel.de auf annika-lamer.de. Seitdem ist mein eigener Name meine Marke, und ich als Person stehe im Vordergrund.
Ob das die Wende gebracht hat? Vielleicht. Seitdem läuft’s jedenfalls. Mein Blog beschert mir genug Anfragen – seit einer Weile sogar mehr, als ich bedienen kann. Ich muss nie wieder einen Werbebrief verschicken, mich auf ungeliebten Netzwerkveranstaltungen herumdrücken oder gar eine Auftragsbörse in Anspruch nehmen.
Angekommen als Texterin
Wie schon zu meinen Anfängen arbeite ich auch heute ausschließlich mit kleinen und mittleren Unternehmen zusammen. Keine Agenturen (mit einer Ausnahme), keine Großunternehmen, keine Rahmenverträge. Meist sind es vergleichsweise kleine Aufträge, oft einmalig (weil eben nur einmalig Bedarf da ist). Das bedeutet für mich: Mich immer wieder neu auf neue Kunden einzustellen, mich immer wieder neu einzuarbeiten, immer wieder von null anzufangen. Das bedeutet auch: kein Traumhonorar erreichen zu können.
Ich würde es nicht anders haben wollen! (Ok, bis auf das mit dem Traumhonorar – aber das nehme ich in Kauf, wenn ich dafür so arbeiten kann, wie ich es schätze.)
Verbesserungspotentiale gibt es natürlich immer. Aber das soll nicht mehr Gegenstand dieses Blogbeitrags sein.
Was würde ich heute anders machen? Die Antwort ist leicht: Ich würde früher mit dem Blog starten. Auf der anderen Seite brauchte ich das erste Jahr, um überhaupt erst mal genügend Expertise für den Blog aufzubauen. Ich hätte anfangs gar nicht gewusst, worüber ich schreiben könnte. Aber natürlich hätte ich von Anfang an Rechtschreibtipps geben können, zum Beispiel. Nun ja. Im Nachhinein neigt man dann doch zu denken: So, wie es gekommen ist, war es gut.
Mein Rat: Lassen Sie sich nicht verbiegen
Ob das Bloggen auch für Sie das ideale Akquiseinstrument ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Viel wichtiger ist: Folgen Sie bei der Akquise Ihrer Natur, vertrauen Sie auf Ihre innere Stimme. Meine innere Stimme hat mir zum Beispiel immer gesagt: Ich will keine Akquiseanrufe (cold calls) machen. Sehr zum Unverständnis vieler Ratgeber, die darauf immer gedrängt haben. Wobei ich glaube, dass diese Stimmung seit meinen Anfangsjahren gekippt ist: Die Tendenz geht schließlich immer mehr zum Inbound Marketing.
Letzten Endes habe ich nie auch nur einen einzigen Akquiseanruf gemacht, ich bin nie Klinkenputzen gegangen. Und auch auf Netzwerkveranstaltungen hat man mich nur spärlich angetroffen. Wenn, dann habe ich mich dort sicher nicht so präsentiert, dass die Leute gesagt hätten: „Wow, die müssen wir vom Fleck weg beauftragen.“ Nicht. Mein. Ding. Und das war ok so. Ich habe mich nicht verbiegen lassen und habe damit recht behalten.
Von daher: Auch wenn ich natürlich jedem Unternehmer das Bloggen nur ans Herz legen kann – wenn es nicht Ihr Ding ist, dann lassen Sie es. Machen Sie das, was zu Ihnen passt.
Fazit: Bloggen macht glücklich (jedenfalls mich)
Ich bin unendlich dankbar, mit dem Blog mein Akquiseinstrument gefunden zu haben, das mir so viel Freude bringt. Ich darf mein Ding machen, und die Kunden kommen zu mir. Nebenbei helfe ich vielen Menschen, die gar keine Kunden werden, aber treue Leser sind – und auch das ist wertvoll, ehrlich. All meinen Lesern möchte ich an dieser Stelle herzlich danke sagen.
Über Ihre Erfahrungen, Ihr Feedback, Ihre Gedanken würde ich mich sehr freuen – das Kommentarfeld wartet auf Sie. 🙂
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Karin meint
Hallo Annika
Ein sehr schön geschriebener Beitrag, der mir aus der Seele spricht und Mut macht 🙂 Ich bin im 3. Jahr meiner Selbstständigkeit und auch überzeugt davon, dass man sich bei der Akquise an jene Methoden halten sollte, die zu einem passen.
Liebe Grüsse, Karin
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Karin,
vielen Dank für das schöne Feedback. Ich hoffe, dass du „deinen“ Akquiseweg auch schon gefunden hast.
Viele Grüße
Annika
Susanne Breul meint
Liebe Annika,
deine Beiträge sprechen mir aus der Seele. Danke dafür 🙂 Wir haben übrigens im gleichen Jahr gegründet und ich habe dabei auch Gründungszuschuss bekommen. Gefunden habe ich dich, als ich eine Synonymsuche für ein Adjektiv für meine Artiklbeschreibungen gemacht habe. Am Anfang hatte ich es mit einem Texter versucht. Das ist an Adjektiv-Overkill gescheitert. Es ist eine Herausforderung, sich dem allgemeinen „mehr ist besser“ zu entziehen, die ich aber gerne annehme. Beim Bloggen habe ich gerade erst den Zeh im Wasser und ein Erfolgsteam wäre mal wieder eine gute Sache. Danke auch für die Links, die ich jetzt noch in Ruhe verfolgen werde. Den Link zum Texttreff kann ich auch gleich an meinen Mann weitergeben, der beruflich übersetzt. Ich wünsche mir, dass wir bald mal zusammenarbeiten.
Viele Grüße von der Elbe,
Susanne
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Susanne,
danke für deinen sympathischen Kommentar! Ja, gerade für Online-Shops ist die Adjektiv-Versuchung groß … Wenn du von Adjektiv-Overkill sprichst, hast du vermutlich meinen Beitrag zum Thema schon gelesen? 😉 (http://www.annika-lamer.de/stilsicher-texten-adjektive-im-werbetext/)
Vielleicht bis bald und viele Grüße
Annika (eine Linkshänder-Mutter)
Susanne Breul meint
ups, der texttreff ist „women only“…
Dr. Annika Lamer meint
Japp. Keine Chance für deinen Mann, sorry! 🙂
Viele Grüße
Annika
Bruno Mario Bergamo meint
Sehr interessante Beiträge die ich immer gerne lese, sei es über Mail oder Ihren Blog. Ich warte gerne auf weiter neue und interessante Beiträge von Ihnen, Danke. Zudem wünsche ich Ihnen noch viele glückliche und erfolgreiche Texterjahre.
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Bergamo,
vielen Dank für das nette Feedback! 🙂
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Michaela Braun meint
Hallo Annika,
ich habe mich vor ein paar Monaten ebenfalls selbstständig gemacht und bin bei einer allgemeinen Recherche auf Deinen Blog gestoßen, den ich wirklich sehr lesenswert finde! Da ich quasi in Jahr 1 bin und den Gründungszuschuss noch erhalte, finde ich natürlich diesen Beitrag sehr spannend. Ich selbst tue mich eher schwer mit der Thematik „Blog“ und daher würde mich interessieren, wie Du so regelmäßig Themen für eben diesen findest?
Viele Grüße
Michaela
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Michaela,
vielen Dank für das Lob. In puncto Blogplanung bin ich kein gutes Vorbild, denn anders als man es eigentlich machen sollte, habe ich keinen auf Monate ausgereiften Redaktionsplan. Stattdessen entscheide ich immer ziemlich ad hoc, welches Thema ich im Blog gerade aufgreifen will. Auf die Ideen dazu komme ich bei meiner täglichen Arbeit als Texterin.
Bei dir kommt es nun darauf an, ob deine Tätigkeit in dieser Hinsicht auch „reich“ genug ist. Falls nicht, kannst du dich beispielsweise bei anderen, thematisch passenden Blogs inspirieren lassen. Ich würde nur darauf achten, genug kreative Eigenleistung einfließen zu lassen, also einen eigenen Blickwinkel zu finden.
Viel Erfolg und herzliche Grüße
Annika
Michaela Braun meint
Hallo Annika,
vielen Dank für die schnelle Antwort – dann werde ich mal weiter recherchieren:-).
Viele Grüße
Michaela
Marta meint
Hallo Annika,
was für eine tolle Rückschau. Schön, dass Du Dein Jubiläum gefeiert hast.
Das finde ich ganz wichtig!
Ich bin eine derjenigen, die gar keine Kunden werden aber treue Leser sind,
und von Dir immer wieder tolle Impulse bekommen.
Herzlichen Dank dafür!
Marta