Wer für Tante Lisa schreibt, kann nicht gleichzeitig für Onkel Kurt schreiben. Oder? Eine immer wieder auftretende Herausforderung beim Bloggen oder Newsletter-Schreiben sind unterschiedliche Zielgruppen.
Es ist leicht gesagt, dass Sie sich auf eine Zielgruppe beschränken und genau auf diese Zielgruppe hin schreiben sollten. In der Realität wird ein Unternehmensblog meist von mehreren Personengruppen gelesen – und zwar durchaus gewollt. Wie können Sie damit umgehen, ohne Ihre Leseransprache zu verwässern? Damit will ich mich heute beschäftigen.
Zwei Beispiele
Um es etwas plastischer zu machen, möchte ich Ihnen zwei Beispiele geben. Zum einen meinen eigenen Blog. Unter meinen Lesern finden sich:
- Angestellte im Bereich Marketing, PR und Kundenkommunikation (alle Unternehmensgrößen)
- Inhaber/innen von kleinen Unternehmen
- Einzelunternehmer/innen
- Gründer/innen
- Texter/innen
- sprachinteressierte Privatleute
Zum anderen den Blog der Diakonie Mitteldeutschland. Zu seinen Lesern gehören:
- politische Entscheider/innen (z. B. Landtagsabgeordnete)
- Angestellte der diakonischen Einrichtungen (Kitas, Altenpflege, …)
- Fachleute mit Interesse an fachspezifischen Themen (z. B. Pflegereform)
- ganz normale Bürger/innen
Puh. Und nun? Eine Zielgruppe rauspicken? Für alle schreiben? Oder wie? Drei Möglichkeiten möchte ich Ihnen vorstellen.
Variante 1: Eine Zielgruppe für den gesamten Blog
Dies ist die Bilderbuchlösung: Sie sprechen mit Ihrem Blog oder Newsletter genau eine Zielgruppe an. Und zwar so genau, dass Sie auf einen prototypischen Leser hin schreiben können. Sowohl beim Planen Ihrer Beiträge als auch beim Schreiben selbst sollten Sie diesen Leser immer im Blick haben – und dabei folgende Fragen beantworten:
- Unter welchen Voraussetzungen landet der Leser auf Ihrem Blog?
- Was sucht er, was will er?
- Was interessiert ihn, was nicht?
- Welches Wissen hat er?
- Welche Fachbegriffe versteht er?
Auch der Tonfall wird davon beeinflusst. Wenn Sie Ihren Leser kennen, wissen Sie, ob der Tonfall höflich-distanziert werden sollte, wissenschaftlich oder locker-plaudernd.
Hätte mein Blog eine solche Fokussierung, würde ich mir zum Beispiel sagen: Mein Blog richtet sich an Einzelunternehmer, die gerade frisch gründen und erstmalig ihre Website aufsetzen.
Die Diakonie Mitteldeutschland könnte sich sagen: Ok, wir richten uns an die Bürger und Bürgerinnen.
Variante 2: Verschiedene Zielgruppen für verschiedene Beiträge
Nun ist mir aber nicht daran gelegen, mich nur auf Gründer zu beschränken, und die Diakonie möchte ebenfalls nicht nur den Bürger erreichen.
Was also tun? Beiträge für alle schreiben? Das würde auf Kosten der Qualität gehen. Ein Text, der alle ansprechen soll, spricht niemanden mehr an.
Stattdessen unterscheide ich je nach Beitrag. An die Mitarbeiter der Marketingabteilungen richte ich mich, wenn es um Schreibstil geht. Solche Beiträge sind ideal für Leser, die regelmäßig schreiben und langfristig ihren Stil verbessern wollen. Gründer, die in zwei Wochen Ihre Website hochziehen wollen, wird das eher nicht interessieren.
Geht es um Über-uns-Seiten, werden damit die Gründer und Start-ups angesprochen. Aber eben nicht die Marketingmitarbeiter.
Ich habe also bei jedem Beitrag eine spezifische Zielgruppe vor Augen. Sie verwässere ich nicht, indem ich beispielsweise Privatleute und Texter hinzunehmen würde. Diese Personengruppen lesen meinen Blog einfach so, ohne dass ich sie direkt ansprechen würde. Und das ist in Ordnung.
Ebenso verfährt die Diakonie Mitteldeutschland: Verschiedene Beiträge, verschiedene Zielgruppen. Die Zielgruppen liegen hier sogar noch weiter voneinander entfernt. Das geht, weil der Diakonie-Blog sowieso sehr heterogen ist mit einer Vielzahl von Autorenstimmen. In so einem Fall ist es umso wichtiger, bei jeder Veröffentlichung deutlich zu machen: Wer spricht und an wen richtet sich der Beitrag?
Variante 3: Mehrere Zielgruppen in einem Beitrag
Nun fällt aber selbst pro Beitrag die Entscheidung für eine einzelne Zielgruppe nicht immer leicht. Notwendig ist sie. Dennoch können Sie eine zweite Zielgruppe im Hintergrund mitdenken. Ich nenne das die sekundäre Zielgruppe.
Nehmen wir dazu den Blog der Diakonie. In einem Beitrag bezieht sie Stellung zu einem neuen Gesetzesentwurf für die Kindertagesbetreuung in Sachsen-Anhalt. Primäre Zielgruppe sind Fachleute: Leiter von Kindertagesstätten, Mitarbeiter der Bildungsverwaltung oder andere Gruppen, die beruflich mit dem KiFöG zu tun haben.
Aber was ist mit den Eltern? Auch sie werden sich für das Thema interessieren.
Es ist schlicht unmöglich, den Beitrag so zu schreiben, dass er sich an beide Zielgruppen richtet. Dennoch kann man die Eltern im Hintergrund mitdenken: Und zwar so, dass sie den Beitrag noch verstehen, auch wenn er sich nicht an sie richtet.
Ratsam ist es daher, den Text möglichst niedrigschwellig anzusetzen. Eine fachlich versierte Person würde zwar auch eine wissenschaftliche Darstellung verstehen, aber sie wird auch nichts dagegen haben, wenn die Erkenntnisse leicht verständlich und einfach zu lesen dargestellt sind.
Störend wäre es hingegen, Fachbegriffe und Hintergrundinfos lang und breit zu erklären, wenn der Fachmann sie doch kennt. Solche Dinge können Sie in einen Zusatzkasten auslagern, etwa mit der Überschrift: „Zum Hintergrund: …“ Der Fachmann kann diesen Kasten ganz einfach überspringen, er stört nicht seinen Lesefluss. Der Bürger hingegen kann ihn als Info dazunehmen.
Wichtig ist, dass Sie sich dennoch klar für eine Zielgruppe entscheiden. Zugeständnisse, die Sie eventuell an eine sekundäre Zielgruppe machen, sollten nicht zulasten der primären Zielgruppe gehen.
Fazit: Bleiben Sie klar bei Ihrer Zielgruppe
Der Idealfall wäre also: eine klar umrissene Zielgruppe für Ihren Blog oder Newsletter. Weil das aber nicht immer praktikabel ist, können Sie auch Beiträge für verschiedene Zielgruppen schreiben. Je heterogener dabei das Bild, desto deutlicher müssen Sie die betroffene Zielgruppe ansprechen. Nehmen Sie schließlich noch eine sekundäre Zielgruppe mit auf, sollte dies niemals zulasten Ihrer primären Zielgruppe gehen.
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Tristan Fürstenau meint
Hallo Frau Lamer,
vielen Dank für diesen interessanten Blogbeitrag und vor allem auch für die Tipps, die Sie uns als Diakonie Mitteldeutschland gegeben haben. Die Definition klarer Zielgruppen ist bei den heterogenen Anspruchsgruppen, mit denen man im Kontakt ist, immer wieder eine Herausforderung.
Die Definition je nach Beitrag und die Unterscheidung in Primär- und Sekundärzielgruppen ist da wirklich hilfreich. Vielen Dank!
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Fürstenau,
vielen Dank für das nette Feedback und alles Gute für Ihren Blog. 🙂
Herzliche Grüße
Annika Lamer