„Den Countdown auf 20 zu setzen, war genau richtig getimed: Alle haben es rechtzeitig geschafft, jeder nach seiner Façon.“
Fällt Ihnen in diesen Zeilen etwas Ungewöhnliches auf? Tatsächlich enthalten sie fünf Regeländerungen, die mit der 29. Auflage des Rechtschreibdudens in Kraft getreten sind.
Der neue Duden ist im August 2024 erschienen. Während man in den Medien eher von den gestrichenen und neu aufgenommenen Wörtern gehört hat, gab es doch auch einige wichtige Regeländerungen. Um auch weiterhin korrekt zu schreiben, führen Sie sich also gerne den folgenden Blogbeitrag zu Gemüte.
Ich stelle Ihnen zunächst die neuen Kommaregeln vor und dann zwei wichtige Änderungen bei den Rechtschreibregeln. Doch auch den Rest – vielleicht eher „Kleinvieh“ – schauen wir uns zum Schluss noch an.
1. Änderungen bei den Kommaregeln
Los geht es mit den Kommaregeln. Hier gab es zwei bedeutende Änderungen. Die dritte Regeländerung kommt nicht ganz so häufig vor, ist aber ebenfalls sinnvoll zu merken.
1.1 Neue Muss-Kommas bei den Infinitivgruppen mit „zu“
Bisher habe ich in meinen Kommatrainings mit viel Liebe und Aufwand die Muss- und Kann-Kommas erklärt. In Zukunft kann ich mir das sparen. Seit dem neuen Duden werden Infinitivgruppen den „normalen“ Nebensätzen gleichgesetzt, die als solche immer ein Komma mit sich führen.
Sobald Sie also eine Infinitivkonstruktion erspähen, sollte Ihr Impuls sein, sie mit einem Komma vom Hauptsatz abzutrennen:
- Er hat mich gebeten, ihm auch ein Eis mitzubringen.
- Ohne Voranmeldung aufzukreuzen, halte ich nicht für ratsam.
Der einzig verbleibende Fall für ein Kann-Komma ist der einfache Infinitiv – nur „zu“ plus Verb. Mit zwei Ausnahmen: Die Infinitivgruppe wird noch mal aufgegriffen oder es schließt sich ein Nebensatz an. Hier empfiehlt der Duden, ein Komma zu setzen.
- Kann-Komma: Ich lehne es ab(,) zu tanzen.
- 1. Ausnahme: Zu tanzen, das lehne ich ab.
- 2. Ausnahme: Ich lehne es ab, zu tanzen, wenn mir alle zuschauen.
Es gibt jedoch weiterhin Fälle, in denen gar kein Komma gesetzt werden darf. Das ist bei mit dem Hauptsatz verschränkten Infinitivgruppen der Fall und bei den sogenannten Modalitätsverben.
- Den Rechnungsbetrag bitte ich zeitnah zu überweisen.
- Er scheint sich darüber keine Gedanken zu machen.
Wenn wir hier versuchen würden, die Infinitivgruppe mit einem Komma vom Hauptsatz abzutrennen, geraten wir ins Schlingern. Auf dieses „Schlingern“ können Sie vertrauen: Es ist kein Komma fällig.
1.2 Neues Muss-Komma vor Nebensatz-Hauptsatz-Konstruktionen
Um diese neue Kommaregel nachzuvollziehen, stellen wir uns zunächst eine Nebensatz-Hauptsatz-Konstruktion vor (mit dem Nebensatz an erster Stelle):
- Wenn ich die Zeit finde, backe ich noch einen Kuchen.
Hänge ich dieses Konstrukt mit einem „und“ an einen weiteren Satz an, stand bisher ein Kann-Komma. Jetzt wird daraus ein Muss-Komma:
- Ich bringe auf jeden Fall Obst mit, und wenn ich die Zeit finde, backe ich noch einen Kuchen.
1.3 Neues Muss-Komma bei Zeit- und Ortsangaben
Bisher konnte man eine zusätzliche Zeit- oder Ortsangabe auch als Aufzählung ohne schließendes Komma begreifen. Mit den Regeländerungen ist nur noch die Sichtweise eines Einschubes zulässig.
- Am Donnerstag, (den) 7. November, treffen wir uns zum Bowling.
- Die Firma Hosenplotz aus Berlin, Hosenstraße 12, übernimmt das Sponsoring.
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2. Die wichtigsten Änderungen bei den Rechtschreibregeln
Bei den Rechtschreibregeln können wir noch einmal unterscheiden. Es gibt zwei wichtige Änderungen – die kommen zuerst – und mehrere kleinere.
2.1 Mehr Großschreibung nach dem Doppelpunkt
Bisher galt die Regel: Folgt auf den Doppelpunkt ein ganzer Satz, kann er groß- oder (unter bestimmten Bedingungen) kleingeschrieben werden. Die Kleinschreibung ist dann erlaubt, wenn man den Satz auch mit Gedankenstrich anschließen könnte.
Unnötig kompliziert? Ich finde auch. Künftig bleibt es bei der Großschreibung:
- Es ist so weit: Der neue Duden ist da.
Die Kleinschreibung gilt weiterhin, wenn eine Aufzählung oder eine stichpunkthafte Angabe folgt.
- Die Hochzeit war sehr gelungen: gutes Essen und Live-Musik, dazu eine tolle Stimmung.
2.2 Neue Endung bei Verben aus dem Englischen
Grundsätzlich gilt: Englische Verben im Deutschen werden wie ein deutsches Verb mit gleicher Endung konjugiert.
Will ich zum Beispiel „liken“ konjugieren, suche ich mir ein entsprechendes deutsches Vorbild. Lenken: du lenkst, er lenkt. Daher liken: du likst, er likt. In der Praxis ziehen Schreibende es jedoch vor, ein e einzufügen, um die Lesbarkeit zu verbessern (*er liket).
Noch hat der Duden in diesem Punkt nicht nachgegeben, in einem Fall aber schon: nämlich beim Partizip. Künftig dürfen Sie statt „gelikt“ (wie „gelenkt“) auch „geliked“ schreiben – mit englischer ed-Endung. Das gilt jedoch nur für Verben, deren Infinitiv im Englischen auf ein stummes e endet.
- Hast du den Beitrag schon gelikt oder geliked? (=> to like)
- Das Foto ist doch gefakt oder gefaked. (=> to fake)
- Der Auftritt ist schlecht getimt oder getimed. (=> to time)
Bei Verben, deren Infinitiv kein stummes e hat, bleibt es bei der deutschen t-Endung:
- Ich habe die Serie gestreamt. (=> to stream)
- Er hat sie lange gestalkt. (=> to stalk)
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3. Kleinere Änderungen bei den Rechtschreibregeln
Wenn Sie bis hierhin gelesen haben, wissen Sie schon mal das Wichtigste. Die Rechtschreib-Nerds unter Ihnen dürfen aber gerne weiterlesen – ein paar Dinge gibt es noch.
3.1 Änderungen der Schreibweise von zusammengesetzten Anglizismen
Bei bestimmten zusammengesetzten Anglizismen ist nur noch die Zusammenschreibung erlaubt, ohne dass man daraus eine Regel ableiten könnte. Zwei Beispiele:
- Countdown (früher: Countdown oder Count-down) – aber weiterhin Cooldown oder Cool-down
- Hotspot (früher: Hotspot oder Hot Spot) – aber weiterhin Hotdog oder Hot Dog
Sie sehen, die Entscheidungen folgen keiner Logik.
Hinzu kommen zwei Regelfälle. Nummer 1 betrifft Anglizismen, die aus zwei Infinitiven bestehen. Hier ist jetzt zusätzlich eine Schreibweise ohne Bindestriche erlaubt.
- Copy and Paste, Copy-and-Paste oder Copy-and-paste (früher nur mit Bindestrichen)
Nummer 2 betrifft die sogenannten adverbialen Fügungen. Allein stehend werden sie klein- und getrennt geschrieben, das bleibt: „Die Rettung kam just in time.“ Werden sie mit Bindestrichen an ein weiteres Wort gefügt (hier: „Produktion“), darf das Substantiv der adverbialen Fügung neuerdings klein bleiben.
- Just-in-time-Produktion oder Just-in-Time-Produktion (früher nur Just-in-Time-Produktion)
- Aber nur: Go-to-Market-Strategie (keine adverbiale Fügung)
Zu kompliziert zu merken? Die Fälle kommen zum Glück nur selten vor.
3.2 Streichung und Hinzunahme von Doppelschreibweisen
Insbesondere bei Fremdwörtern wurden seltenere Schreibweisen gestrichen. Doch es kamen auch neue Schreibweisen dazu. Das Gemeine daran: Haben Sie – bisher korrekt – immer Exposee geschrieben, müssen Sie erst einmal drauf kommen, dass sich das geändert hat. Ein paar Beispiele:
- Exposé (früher auch Exposee)
- Spaghetti (früher auch Spagetti)
- Joghurt (früher auch Jogurt)
- Façon oder Fasson (früher nur Fasson)
- pik(s)en oder piek(s)en (früher nur mit einfachem i)
3.3 Zulässiger Genitiv-Apostroph für Läden und Firmen
Dass nach Personennamen gelegentlich ein Genitiv-Apostroph anzutreffen ist, stand schon vorher im Duden. Neu ist die explizite Präzisierung, dass diese Praxis nur bei Eigennamen wie Firmennamen erlaubt ist. Sollte Paula ein Katzencafé eröffnen, kann sie aufs Schild schreiben:
- Paula’s Pfötchenparadies
Weiterhin nicht erlaubt ist es, zu schreiben: „Ich muss noch Paula’s Katzen füttern.“
3.4 Änderungen bei Bindestrich-Schreibweisen
Unter diesem Punkt fasse ich drei Änderungen zusammen, die mit dem Bindestrich zu tun haben.
1. Bei Zusammensetzungen mit „nicht“ gibt es nun drei Schreibweisen:
- nicht öffentlich, nichtöffentlich oder nicht-öffentlich (früher keine Bindestrich-Schreibweise erlaubt)
2. Wortgefüge, die einen Ausdruck in Anführungszeichen enthalten, werden innerhalb der Anführungszeichen ohne Bindestriche geschrieben.
- „King of Queens“-Serienmarathon (früher auch mit durchgängigen Bindestrichen)
3. Sind bei einer Farbkombination zwei getrennte Farben gemeint, werden die Farben mit Bindestrich geschrieben.
- der grün-gelbe Teppich (früher auch zusammengeschrieben)
- Aber: der grüngelbe Teppich (Mischung aus Grün und Gelb)
3.5 Änderungen bei der Groß- und Kleinschreibung
Neu aufgenommen wurde die optionale Großschreibung der Adjektive in bestimmten Ausdrücken aus dem Wissenschaftsbereich.
- innere oder Innere Medizin
- organische oder Organische Chemie
Und schließlich noch eine Änderung bei Ausdrücken aus dem Lateinischen. Hier wird nun neben der „deutschen“ Behandlung mit Großschreibung der Substantive auch die Sichtweise genannt, den gesamten Ausdruck als Zitat zu begreifen und damit in der fremdsprachlichem Schreibweise zu belassen.
- Pars pro Toto oder pars pro toto (früher nur Großschreibung)
Die Regel ist etwas verworren, weil der Eintrag für „Pars pro Toto“ trotzdem nur die Großschreibung nennt. Lassen Sie das eher beiseite.
Fazit: Die drei wichtigsten Regeländerungen im neuen Duden
Am wichtigsten sind aus meiner Sicht folgende drei Änderungen: 1. Infinitivgruppen jetzt immer mit Komma, 2. Komma vor einer mit „und“ eingeleiteten Nebensatz-Hauptsatz-Konstruktion, 3. neue Schreibweise „geliked“.
Hat Sie etwas überrascht? Welche Regeländerung finden Sie überfällig, welche eher hinderlich? Insbesondere interessiert mich Ihre Meinung zur Schreibweise „geliked“ – darüber wurde auf meiner LinkedIn-Seite schon heiß diskutiert. Lassen Sie mir gerne einen Kommentar da.
Zum Schluss noch die Auflösung zu meinem Zitat am Anfang des Beitrags. „Den Countdown auf 20 zu setzen, war genau richtig getimed: Alle haben es rechtzeitig geschafft, jeder nach seiner Façon.“ Folgende Neuerungen habe ich darin versteckt:
- Schreibweise „Countdown“ (statt optional auch Count-down)
- Muss-Komma nach „zu setzen“
- Schreibweise „getimed“
- Großschreibung nach dem Doppelpunkt (statt optional auch Kleinschreibung)
- Schreibweise „Façon“
Lesen Sie auch:
Kommaregeln einfach erklärt: Das Wichtigste im Überblick (mit PDF-Merkblatt)
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Hans meint
Hallo Annika,
danke für die wieder umfassende Auflistung! Ich freue mich, dass der Duden bei vielen Regeln zu früherer, konservativer Praxis zurückgekehrt ist (Infinitiv mit „zu“, Spaghetti u.a., Großschreibung nach Doppelpunkt).
Problematisch finde ich aber nach wie vor, dass dem Duden quasi Amtsgewalt zugemessen wird, obwohl seine Herausgeber sich diese Legitimation durch nichts erworben haben, (sic!) als allenfalls „dem Volk auf’s Maul zu schauen“..
Antje Matthäus meint
Vielen Dank für die übersichtliche Zusammenstellung, Annika! Ich hatte scho mal in den Gesamttext reingeschaut, aber fühlte mich praktisch erschlagen von der Textmenge.
Ich bin sehr froh über die „neuen“ Kommaregeln bei Infinitivgruppen mit zu. In der Schule habe ich es so gelernt, wie es jetzt wieder richtig ist. Bei den später eingeführten Kannbestimmungen musste ich ständig nachschlagen. Auch die anderen Neuerungen kommen mir persönlich sehr entgegen – wunderbar!
Und wenn das hier ginge, hätte ich deinen Blogbeitrag geliked 😉
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Antje,
danke für deine Stimme und das nette Feedback!
Ich persönlich bin ein Fan von Kann-Kommas. Ich finde es immer toll, frei entscheiden zu können, was für den Satz und das Leseverständnis am besten ist.
Für Lernende macht es die Sache aber sehr kompliziert. Von daher ist die Entscheidung bei den Infinitivgruppen schon zu begrüßen, ja.
Viele Grüße
Annika
Silvia meint
Verstehe, das ist also nur für Lernende, aber nicht für Lerner der Fall. Wie soll das genau funktionieren? Ebenso schreiben Sie oben: „In der Praxis ziehen Schreibende es jedoch vor, ein e einzufügen“, aber Schreiber nicht?! Es wäre mal wirklich sehr interessant zu erfahren, wie man solch eine welt- und realitätsfremde Sprache (Gendern) mit absoluter Regeltreue, die Sie ja unablässlich zeigen, verbinden kann. Vielen Dank für eine Rückmeldung.
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Silvia,
Partizipien lassen sich problemlos substantivieren, das ist von der deutschen Rechtschreibung abgedeckt. Der oder die Lernende hat sogar einen Eintrag im Duden als „Person, die etwas lernt“.
Bei der „absoluten Regeltreue“ missverstehen Sie mich. Ich stelle die Regeln lediglich dar. Jede Person kann selbst entscheiden, ob sie sich daran hält.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Karen meint
Liebe Frau Lamer, toller Blogbeitrag, besten Dank! Das Verblüffende für mich ist, dass die meisten „Änderungen“ so gesehen keine sind – in meinem Schulgedächtnis nickte mein Gehirn vieles mit „Genau so haben wir es doch damals gelernt!“ ab. Also damals vor 50 Jahren, als das Wünschen noch half und korrekte Rechtschreibung Bedeutung hatte. Schön, dass die Schluderei mit den Kommas abgebremst wird, indem man wieder an den guten alten Stellen Kommas zu setzen hat … 🙂 Mir gefällt’s, I like!
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Karen,
nun kann man sicher nicht sagen, dass die alten Regeln en bloc besser waren. Schön finde ich es, dass der Duden überhaupt die Flexibilität zeigt, Entscheidungen auch wieder rückgängig zu machen.
Viele Grüße
Annika Lamer
Katrin Abert meint
Liebe Annika,
wie immer vielen Dank für die Zusammenfassung. So richtig komprimiert habe ich es im Netz nämlich nicht gefunden.
Dr. Annika Lamer meint
Danke für dein Feedback, liebe Katrin!
Viele Grüße
Annika
Sofie meint
Hallo Annika, vielen Dank für den sehr hilfreichen Beitrag!
Mich persönlich stört das Muss-Komma in der HS-NS-HS-Konstruktion. Das passt nicht so richtig zu meinem Sprachgefühl, vor „und“ ein Komma zu setzen, weshalb ich das wohl eher zähneknirschend verinnerlichen muss.
Und auch das optionale „Deppen-Apostroph“ gefällt mir nicht. Aber das ist ja zum Glück kein Muss.
Bezüglich der Formen von liken bin ich mit der neuen Regelung zufrieden, da aus meiner Sicht bisher wirklich nur absolute Sprachprofis „gelikt“ geschrieben haben und die englische Form für die meisten stimmiger war.
Sprache verändert sich eben. 🙂
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Sofie,
danke für deine Einschätzung!
Die neue Regel bei den Hauptsatz-Nebensatz-Konstruktionen erfordert auf jeden Fall eine erhöhte Aufmerksamkeit.
HS-NS-HS:
Ich bringe auf jeden Fall Obst mit, UND WENN ich die Zeit finde, backe ich noch einen Kuchen.
HS-NS-NS:
Ich bringe auf jeden Fall Kuchen mit, wenn ich genug Mehl da habe UND WENN ich die Zeit finde.
In Fall 1 steht vor „und wenn“ ein Komma, in Fall 2 steht kein Komma. Könnte eine Stolperfalle sein.
Dass „gelikt“ eher etwas für Sprachprofis war, da gebe ich dir recht. 🙂
Viele Grüße
Annika
Philipp Böing meint
Liebe Annika,
vielen Dank für deine Mühe, die neuen Regeln so übersichtlich darzustellen! Toller Beitrag!
Dazu habe ich noch eine Frage und eine Anmerkung:
1) Aus Neugier frage ich mich, wie du bei der Recherche vorgegangen bist. Hast du dir im Detail bspw. alle orthographischen Regeln im neuen und alten Duden angesehen und dann mühsam miteinander abgeglichen? Oder gibt es eine Kurzfassung der Redaktion selbst, die alle Änderungen beinhaltet? Denn diese habe ich so nirgendwo gefunden.
2) Meine Anmerkung bezieht sich auf die 2. Ausnahme deines Kapitels zu den neuen Muss-Kommas bei den Infinitivgruppen mit „zu“: Du schreibst, dass, wenn sich an den einfachen Infinitiv mit „zu“ ein Nebensatz anschließt, dieser Infinitiv mit einem Komma vom Hauptsatz abgetrennt werden muss. Ich beziehe mich auf den Satz: „Ich lehne es ab, zu tanzen, wenn mir alle zuschauen.“
Im Online-Duden findet sich dazu folgende Erläuterung, die das Komma in meinen Augen nicht verpflichtend, sondern zu einer Empfehlung macht: „Wenn von einem nicht erweiterten Infinitiv ein nachgestellter Nebensatz abhängt, empfiehlt es sich, den Infinitiv mit Komma abzutrennen.“ Dazu wird folgendes Beispiel gegeben: „Hanna hatte nicht vor, abzuwarten, ob sich Lea doch noch dafür entscheidet.“
Zwar entspricht das Komma, wie du es auch gesetzt hast, dem, was der Duden als Empfehlung gibt, jedoch scheint es kein Muss zu sein. Das nur als kleine und spitzfindige Ergänzung. Letzten Endes ändert es nicht viel, aber die Liebe zum Detail hat mich dazu veranlasst, das mitteilen zu wollen.
Danke für deine tolle Arbeit! Ich lese jeden deiner Beiträge immer mit viel Freude! 🙂
Liebe Grüße
Philipp
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Philipp,
vielen Dank für dein Feedback und die interessanten Fragen!
Dankenswerterweise stellt der Duden eine „Handreichung für Lehrkräfte“ zur Verfügung. Dort sind die Änderungen aufgelistet. Sonst wäre es in der Tat eine Mammutaufgabe, alle Regeln zu vergleichen.
Den Link bekommt man als Käufer oder Käuferin des Print-Dudens, deshalb kann ich ihn hier nicht öffentlich machen.
Zur Formulierung „es empfiehlt sich“: Der Duden macht das sehr oft. Es ist dann in der Tat eine Interpretationsfrage, wie man das auslegen möchte. „Echte“ Kann-Kommas stellt der Duden aber anders dar. Es ist hier schon auffällig, dass NUR ein Beispielsatz mit Komma genannt wird.
Sagen wir mal so: Lässt du das betroffene Komma in einem Diktat weg, sollte es aufgrund der Empfiehlt-sich-Formulierung nicht als Fehler gerechnet werden. Jeder Lektor, jede Lektorin würde es aber in den Text hineinkorrigieren. Deshalb würde ich davon abraten, es wegzulassen.
Da du trotzdem Recht hast mit deiner Spitzfindigkeit, habe ich im Beitrag meine Formulierung angepasst – statt „Muss-Komma“ „empfiehlt“. Ich hoffe, das produziert jetzt nicht genauso viele Fragezeichen wie die Lektüre des Dudens. 🙂
Viele Grüße
Annika