Dank deinem Einsatz oder dank deines Einsatzes? Inklusive Briefumschlägen oder inklusive Briefumschläge? Die deutsche Sprache kann ganz schön fies sein. Heute habe ich ein paar feine kleine Fallprobleme für Sie herausgesucht, bei denen selbst ich als Texterin gerne mal ins Schlingern gerate.
Dativ, Genitiv, geh nicht weg: Fälle richtig bilden
Sie sind noch von der alten Schule, haben Latein gelernt und ordentlich deutsche Grammatik gepaukt? Dann können Sie die meisten Wörter sicher im Schlaf deklinieren.
Wir Normalsterblichen haben das nicht ganz so im Blut. Selbst wenn Sie also hier lesen: Aha, nach „inklusive“ kommt der und der Fall – dann müssen Sie diesen Fall ja erst mal bilden. Mein Tipp: Stellen Sie sich dazu einfache Sachfragen. Beispiel: der große Baum.
Genitiv: Wessen Schuld ist es?
Es ist die Schuld des großen Baumes.
Dativ: Wem habe ich es zu verdanken?
Ich habe es dem großen Baum zu verdanken.
Akkusativ: Wen suche ich?
Ich suche den großen Baum.
Falls das nicht ausreicht, finden Sie im Wiktionary zu jedem Substantiv und Adjektiv eine Flexionstabelle (hier das Beispiel „groß“).
Komplizierter möchte ich es jetzt nicht machen. Schauen wir uns lieber ein paar konkrete Problemfälle an, nämlich den richtigen Kasus nach als, dank, inklusive, statt/anstatt und aufbauend auf.
Welcher Fall nach „als“?
„Ihnen als treuen Kunden … treuem Kunden … treuer Kunde … äh.“ Solche Konstruktionen nennt man Apposition. Wie mein Beispiel-Gestammel andeuten soll, ist der richtige Fall nach „als“ gar nicht so leicht zu ermitteln.
Regel Nr. 1: Steht das Bezugswort im Nominativ, Dativ oder Akkusativ (hier unterstrichen), dann erfolgt der Anschluss im gleichen Fall (fett gesetzt).
- Nominativ: Sie als treuer Kunde profitieren von unserem besonderen Angebot.
- Dativ: Zum Jubiläum machen wir Ihnen als treuem Kunden ein besonderes Angebot.
- Dativ: Mir als überzeugtem Vegetarier ist das wichtig.
- Akkusativ: Als überzeugten Vegetarier betrifft mich das nicht.
Schritt eins ist also, das Bezugswort zu identifizieren. Als zweiten Schritt müssen Sie herausfinden, in welchem Fall dieses Bezugswort steht. Dann können Sie in einem dritten Schritt den Kasus der als-Gruppe danach ausrichten.
Regel Nr. 2: Ein Sonderfall liegt vor, wenn das Bezugswort im Genitiv steht. Dann müssen Sie darauf achten, ob ein Artikelwort enthalten ist oder nicht. Artikelwörter sind zum Beispiel der, eine oder dieses. Eine komplette Liste finden Sie bei canoonet.
a) Die als-Gruppe enthält ein Artikelwort – dann steht sie im Genitiv.
Das Finden der eigenen Stimme als eines zentralen Teils Ihrer Identität wird in Teil 2 behandelt.
Das ist furchtbarer Nominalstil, aber fürs Beispiel muss ich damit leben. Schritt für Schritt:
- Bezugswort ist „der eigenen Stimme“, Genitiv.
- In der als-Gruppe steht ein Artikelwort („eines“).
- Also wird die als-Gruppe auch in den Genitiv gesetzt.
b) Die als-Gruppe enthält kein Artikelwort – dann steht sie in der Regel im Nominativ.
Das Finden der eigenen Stimme als zentraler Teil Ihrer Identität wird in Teil 2 behandelt.
Nicht einfach zu merken, ich geb’s zu.
Welcher Fall nach „dank“?
„Dank“ ist auch so ein Sorgenkind. Dativ oder Genitiv?
- Dativ: Dank deinem Einsatz konnten wir schnell helfen.
- Genitiv: Dank deines Einsatzes konnten wir schnell helfen.
Was ist nun richtig? Antwort: Beides. Ursprünglich war hier der Dativ vorgesehen, wahrscheinlich aufgrund der Wendung „Dank sei …“ (so wie bei „Dank sei dir“). Mittlerweile ist aber der Genitiv ebenso rechtschreibkonform und wird vor allem im Plural gerne verwendet.
So hört sich in folgendem Beispiel der Genitiv für die meisten Menschen natürlicher an:
- Dativ: Dank zahlreichen Fortbildungen hat er sich stark verbessert.
- Genitiv: Dank zahlreicher Fortbildungen hat er sich stark verbessert.
Achtung: In meinen Beispielen wird „dank“ nur großgeschrieben, weil es am Satzanfang steht – sonst bitte klein.
Welcher Fall nach „inklusive“?
Wenn Sie denken, das war kompliziert, hier die Überraschung: Das Wort „inklusive“ setzt noch mal ordentlich einen drauf.
Regel Nr. 1: Starke Substantive im Singular, die alleine stehen, bleiben ungebeugt.
- inklusive Porto
- inklusive Zoobesuch
Dazu muss man wissen, was ein starkes Substantiv ist. Schwache Substantive erhalten in allen Fällen außer dem Nominativ Singular ein zusätzliches –n (Beispiel: Name, Kunde). Starke Substantive sind folglich alle anderen.
Regel Nr. 2: Steht das Substantiv im Plural und/oder nicht allein, ist im Normalfall der Genitiv richtig.
- inklusive aller Nebenkosten
- inklusive ermäßigten Zoobesuchs
Regel Nr. 3: Handelt es sich jedoch um einen Plural, bei dem der Genitiv nicht erkennbar ist, wählt man den Dativ.
- inklusive Briefumschlägen
- inklusive Eintrittsgeldern
Erklärung: Der Genitiv würde „Eintrittsgelder“ lauten. Weil sich das aber vom Nominativ nicht unterscheidet, wählt man den Dativ: „Eintrittsgeldern“.
In der Praxis ist das echt schwer zu merken. Wenn Sie nicht jedes Mal nachschlagen wollen, würde ich Ihnen raten, „inklusive“ nur in dem einfachen Fall von Regel 1 zu verwenden. Ansonsten behelfen Sie sich lieber anders: „Die Eintrittsgelder sind inklusive.“
Welcher Fall nach „statt“ und „anstatt“?
Die gute Nachricht vorweg: „Statt“ und „anstatt“ sind austauschbar. Doch welcher Fall folgt? Hierzu müssen wir zunächst zwischen den Bedeutungen „anstelle“ und „und nicht“ unterscheiden.
1. In der Bedeutung „anstelle“
Im Normalfall steht hier der Genitiv:
Statt (= anstelle) einer Sonnenbrille trage ich lieber einen Hut.
Ausnahme: Ist der Genitiv nicht zu erkennen (weil identisch mit einem anderen Fall), behilft man sich mit dem Dativ:
Statt Briefumschlägen verwende ich lieber Versandtaschen.
Genitiv wäre „Briefumschläge“, identisch mit dem Nominativ, daher Dativ.
2. In der Bedeutung „und nicht“
Hier richtet sich der Fall nach dem Verb:
Ausnahmsweise esse ich heute zum Frühstück ein Müsli statt (= und nicht) ein Brot.
In diesem Fall also Akkusativ (ich esse wen oder was?).
Welcher Fall nach „aufbauend auf“?
Als letztes Beispiel habe ich noch „aufbauend auf“ herausgesucht. Ich muss dazu sagen: Nicht gerade die Konstruktion meiner Wahl, da Nominalstil. Wenigstens ist die Antwort diesmal eindeutig – Dativ ist richtig.
- Aufbauend auf unserem letzten Webinar wird der zweite Kurs einige Themen noch vertiefen.
- Aufbauend auf meiner ersten Einschätzung habe ich für Sie eine detaillierte Bewertung erstellt.
Vom Sprachgefühl könnte man auch den Akkusativ für richtig halten (*aufbauend auf unser letztes Webinar), aber der Dativ is the winner.
Fazit: Nicht immer hilft das Sprachgefühl
Bei Konstruktionen, die man nur selten verwendet, fällt das Merken nicht gerade leicht. In dem Fall ist aber schon viel gewonnen, wenn Sie sich erinnern: „Ah, ‚inklusive‘, das war doch irgendwie tricky, schlage ich besser noch mal nach.“ (Zum Beispiel hier in diesem Blogbeitrag.)
Aber ganz ehrlich? Fehler in diesem Bereich gehören nicht zu den schlimmsten, die Sie machen können. Den meisten Menschen werden sie nämlich eh nicht auffallen. 😉
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Matthias Pfeifer meint
Regel Nr. 3: Handelt es sich jedoch um einen Plural, bei dem der Genitiv nicht erkennbar ist, wählt man den Dativ.
•inklusive Briefumschlägen
•inklusive drei Zoobesuchen
Erklärung: Der Genitiv würde „Zoobesuche“ lauten. Weil sich das aber vom Nominativ nicht unterscheidet, wählt man den Dativ: „Zoobesuchen“.
Und ich würde weiterhin beim Genitiv bleiben und zumindest bis zur Mengenangabe drei schreiben: Inklusive dreier Zoobesuche, aber das hatten wir schon mal.
Beste Grüße aus Herrnhut (das ist da, wo die Adventssterne herkommen)
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Pfeifer,
vielen lieben Dank für den Hinweis, das war mir tatsächlich wieder entfallen. Ich habe ein anderes Beispiel gewählt.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
SF meint
Danke für Ihre Tipps. Merkwürdig, dass ich in die vorgenannten Satzbeispiele immer Kommata mit hineindenke. Wie: Mir, als überzeugte Vegetarierin, ist das wichtig. Ist diese Varante auch richtig? Viele Grüße aus Berlin, SF
Dr. Annika Lamer meint
Hallo,
nein, mir ist nicht bekannt, dass das ein Kann-Komma wäre.
Korrekt lautet es außerdem:
– Mir als überzeugter Vegetarierin ist das wichtig.
„Überzeugter“ also mit -r, so ist der Dativ richtig.
Viele Grüße
Annika Lamer
Petra meint
Hallo, ich suche immer nach weiteren Fallbeispielen für „inklusive“ – und werde nicht fündig. Im Singular, ohne Artikel und bei stark deklinierten Nomen kann also die ungebeugte Form stehen. Was aber ist mit schwach gebeugten Wörtern, insbesondere substantivierten Adjektiven? Zum Beispiel also Wissenswertes, Gutes, Schönes. Der Genitiv lautet Wissenswerten, Guten, Schönen. Aber inklusive Wissenswerten???? Das schreit einfach nach Dativ! Aber nach welcher Regel???? Wer kann mir helfen? 😉
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Petra,
„Wissenswertes“ ist meiner Ansicht nach stark dekliniert. Schwach dekliniert wäre „das Wissenswerte“.
Schreiben Sie jetzt „inklusive Wissenswertes“, haben wir ein stark dekliniertes Substantiv. Das heißt, die im Beitrag erwähnte Regel findet Anwendung: Das Substantiv bleibt ungebeugt.
=> Inklusive Wissenswertes.
Oder übersehe ich etwas?
Herzliche Grüße
Annika Lamer
monika erndt meint
Es heißt: dieser große Baum.
Wenn jemand immer den gleichen Fehler macht:
dieser g r 0 ß e r Baum.
Welche Grammatik sollte man in diesem Fall lernen.
Gibt es Lückentexte hierfür.
Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Frau Erndt,
entschuldigen Sie bitte die späte Antwort. Ich würde hier nach Schülerhilfen oder Materialien für Deutschlerner*innen schauen, da finden Sie bestimmt etwas. Stichwort wäre „4 Fälle“.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Lasse Froh meint
Guten Tag Frau Lamer,
wie sieht es in folgendem Satz mit dem Genitiv „S“ aus, welcher oftmals an Arztpraxen aushängt?:
– Aufgrund Personalmangels bleibt die Praxis geschlossen.
Und:
– Aufgrund Personalmangel bleibt die Praxis geschlossen.
Welche Grammatik ist denn in diesem Fall korrekt?
Liebe Grüße
Lasse
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Lasse,
der Genitiv ist korrekt, also „aufgrund Personalmangels“.
Viele Grüße
Annika Lamer
Jacqueline Fröhlich meint
Guten Abend Frau Lamer,
ich lese immer häufiger, dass zwischen „Tag“ und „Tage“ gewechselt wird.
Welcher Dativfall ist denn der richtige bzw. ist es Geschmackssache.
– An dem heutigen Tag
– An dem heutigen Tage
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Frau Fröhlich,
wie von Ihnen vermutet ist das Geschmackssache.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Daniela Pisu meint
Hallo Frau Lamer,
gibt es eine Regel für den Fall nach „alle“? Wird es wie ein bestimmter Artikel behandelt?
Dies ist eine Veranstaltung für alle Interessierte/n
und wie verhält es sich bei der Erweiterung?
Dies ist eine Veranstaltung für alle intelligente/n Interessierte/n
Und wie verhält es sich bei „einige“
Dies ist eine Veranstaltung für einige interessierte Gründende/n
Ich freue mich auf Ihre Antwort
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Frau Pisu,
nach „all-“ wird meist schwach dekliniert. Das heißt, Ihre Idee war richtig, „all-“ wie einen bestimmten Artikel zu behandeln.
– für alle Interessierten (= für die Interessierten)
– für alle intelligenten Interessierten
Starke Formen kommen aber auch vereinzelt vor; es ist also keine Ausschluss-Regel.
– alle Interessierten oder (seltener) alle Interessierte
Bei „einige“ ist es noch komplizierter: im Plural starke Deklination, im Singular je nach Kasus (leider zu viel, um das hier alles darzustellen).
In Ihrem Beispiel:
– Dies ist eine Veranstaltung für einige interessierte Gründende.
Herzliche Grüße
Annika Lamer