Tone of Voice – was ist das? In dem englischen Begriff stecken die Wörter „Tonfall“ und „Stimme“. Mit einem Tone of Voice legen Sie fest, wie Ihre Texte klingen sollen. Zum Beispiel: seriös oder ungezwungen, bodenständig oder intellektuell. Bleibt es bei solchen übergeordneten Begriffen, verpuffen sie jedoch leicht – weil Sie gar nicht wissen, wie Sie den gewünschten Effekt erreichen sollen. Deshalb will ich Ihnen heute eine Anleitung geben, wie Sie einen möglichst konkreten Tone of Voice schreiben, mit dem Sie gut arbeiten können.
Vorteile eines Tone of Voice
„Brauche ich das denn?“, werden Sie jetzt vielleicht fragen. Tatsächlich lohnt sich der Aufwand nicht nur für größere Unternehmen, in denen mehrere Personen die Unternehmenstexte schreiben. Auch wenn Sie allein verantwortlich für Ihre Texte sind, wird der Tone of Voice Ihnen letzten Endes die Arbeit erleichtern. Vor allem aber wird er Ihnen helfen, Ihre Kommunikation verbessern. Hier sind die vier wichtigsten Vorteile.
1. Sie erleichtern sich die Arbeit
Ein Tone of Voice ist ein Leitfaden für Sie, an dem Sie Ihre Kommunikation ausrichten. Das ist eine Erleichterung! Sie werden merken, dass Sie mit Ihren Texten schneller zufrieden sind, wenn Sie genau wissen, worauf Sie achten müssen.
2. Sie erreichen Ihre Zielgruppe
Das Definieren eines Tone of Voice hilft Ihnen, Ihre Zielgruppe zu erreichen. Wie möchte sie angesprochen werden? Was spricht sie an? Wenn Sie das richtig erfassen, haben Sie bei Ihren potenziellen Kunden schon mal einen großen Stein im Brett.
3. Sie verleihen Ihren Texten eine einheitliche Stimme
Wie, glauben Sie, wird Ihr Kunde es wahrnehmen, wenn der humorvolle Flyer von einem ultraseriösen Anschreiben begleitet wird? Ganz klar: Er wird irritiert sein. Mal hü, mal hott tut eben keiner Kommunikation gut.
Nur wenn Sie wissen, wie Sie klingen möchten, können Sie Ihren Auftritt einheitlich gestalten. Diese Einheitlichkeit oder Kontinuität ist ein wichtiger Vertrauensfaktor. Der Kunde weiß dann, woran er ist; er nimmt Sie als verlässlich wahr.
4. Sie stechen hervor
Stellen Sie sich vor, Ihr Kunde liest einen Newsletter und erkennt, ohne auf den Absender oder den Inhalt zu schauen: „Ah, das ist von Dienstleister X / Firma Y.“ Ich gebe zu, diese Ebene zu erreichen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe – die Königsklasse quasi.
Wir können einen Schritt zurückgehen und sagen: Erst mal sollten Sie das Herkömmliche, das allzu Gewöhnliche meiden. Wenn Sie nicht klingen wie der Abklatsch sämtlicher Mitbewerber, ist das schon mal gut.
Die nächste Stufe ist dann, tatsächlich einen Tone of Voice zu finden, der Sie einmalig macht, unverwechselbar. Zu diesem Thema empfehle ich Ihnen auch meine Artikel Stil ist Rhythmus und Stil ist Ausdruck.
Ein Tone of Voice für alles?
Oben habe ich von einem einheitlichen Auftritt gesprochen. Tatsächlich gibt es Aspekte Ihres Tone of Voice, die sich über Ihre gesamte Kommunikation erstrecken werden: etwa die Entscheidung seriös vs. locker, einfach vs. avantgardistisch, gefühlvoll vs. vernunftorientiert.
Dennoch werden Ihre Website- und Broschürentexte anders klingen als ein E-Mail-Anschreiben, ein Facebook-Posting oder eine Pressemeldung. Jede Textgattung hat noch mal ihre eigenen Anforderungen.
Mein Rat: Konzentrieren Sie sich bei der Entwicklung Ihres Tone of Voice auf eine bestimmte Textgattung, etwa Ihre Websitetexte. Ohne diesen Fokus wird es leicht schwammig, oder Sie verzetteln sich.
Im Anschluss werden Sie sehen, was davon allgemeingültig ist – also zum Beispiel auch Ihren E-Mail-Verkehr betrifft – und was nicht. Wenn Sie möchten, können Sie für diese anderen Textgattungen noch einen gesonderten Tone of Voice notieren.
Schritt für Schritt zu Ihrem Tone of Voice
Wie schreiben Sie nun einen Tone of Voice, mit dem Sie gut arbeiten können? Ich empfehle Ihnen einen Aufbau aus drei Teilen: Leitlinien, Wortlisten und Referenztext. Ganz oben notieren Sie, für welche Textgattung Ihr Tone of Voice gilt.
Teil 1: Leitlinien
Um zu wissen, wie Ihre Texte klingen sollen, müssen Sie zuallererst Ihre Zielgruppe kennen – aber auch sich selbst. Davon abhängig entwickeln Sie die passende Ansprache. Zu guter Letzt sollte Ihr Tone of Voice noch ein paar Stilregeln beinhalten.
1. Zielgruppe
Überlegen Sie: Wie tickt Ihre Zielgruppe? Noch besser: Schaffen Sie sich eine Buyer Persona, einen konkreten Wunschkunden. Ist diese Person konservativ, möchte sie sich vor allem ernst genommen fühlen? Oder ist sie eher locker drauf? Wie gut kennt sie sich mit Technik aus? Kennt sie die Fachbegriffe Ihrer Branche oder sind das böhmische Dörfer für sie?
Ebenso wichtig die Frage: Wie ist Ihre Buyer Persona nicht?
Schreiben Sie formlos auf, was Ihnen dazu einfällt. So finden Sie am besten heraus, wie Sie Ihre Buyer Persona ansprechen müssen, um Zugang zu ihr zu bekommen.
2. Image und Persönlichkeit
Ihre Sprache sollte sich nicht nur an Ihren Kunden orientieren, sondern auch Sie selbst bzw. Ihr Produkt widerspiegeln. Letztens Endes greift natürlich beides ineinander: Der richtige Kunde ist der, der zu Ihnen passt.
Als Dienstleister sollten sich Ihre Überlegungen um zwei Fragen drehen: Wie bin ich und wie möchte ich rüberkommen? Zu „wie bin ich“ gehört Ihr Charakter – zum Beispiel eher introvertiert oder eher extrovertiert.
Mit „wie möchte ich rüberkommen“ ist das Image gemeint, das Sie sich geben möchten: zum Beispiel besonders seriös oder besonders unkonventionell. (Das Image sollte natürlich zu Ihrem Charakter passen.)
Wenn Sie ein Produkt verkaufen, werden sich Ihre Überlegungen eher um Ihr Produkt drehen: Wie ist das Produkt? Welches Image hat es? Welche Image soll es dem Käufer verleihen? Zum Beispiel: ein bodenständiges Produkt vs. ein High-Class-Produkt.
Und auch hier wieder die Frage: Wie möchten Sie nicht sein? Wie soll Ihr Produkt nicht sein?
Vielleicht haben Sie schon Mitbewerberseiten im Blick, bei denen Sie sagen: Nein, so möchte ich das nicht haben. Begründen Sie, was Ihnen daran nicht gefällt. Sind die Texte zu wissenschaftlich-hochgestochen? Oder sind sie zu aufdringlich, verwenden sie eine übertriebene Werbesprache?
3. Ansprache
„Sie“ oder „du“? Auch diese zentrale Entscheidung gehört in Ihren Tone of Voice.
Etwas komplizierter ist die Frage, ob mehr der Sender (= Ihr Unternehmen), der Empfänger (= der Kunde) oder aber das Produkt im Mittelpunkt stehen sollen.
- Unternehmen: Mit unserem Fidget Spinner haben wir ein Produkt geschaffen, das …
- Kunde: Nehmen Sie den Fidget Spinner in die Hand und spüren Sie …
- Produkt: Der Fidget Spinner wirkt beruhigend und ausgleichend.
Je nachdem, welche Form Sie favorisieren, werden Ihre Texte einen anderen Tonfall annehmen.
Ansprechen können Sie den Kunden in vielerlei Form: über Emotionen, über Geschichten (Stichwort Storytelling), über Fakten … Schreiben Sie auch solche Überlegungen auf.
4. Stil
Kurze Sätze und eine aktive Sprache mit wenig Passivkonstruktionen und Substantivierungen tun jedem Text gut. Notieren Sie diese Stilregeln trotzdem noch einmal, um sie sich beim Schreiben stets vor Augen zu führen.
Teil 2: Wortlisten
Jetzt wird es konkret: Erstellen Sie sich Wortlisten, um den vorher definierten Leitlinien Fleisch zu verleihen.
Angenommen, Sie haben als Ergebnis: „Meine Texte sollen nicht zu wissenschaftlich und kompliziert klingen, sondern locker geschrieben sein und den Fokus auf das Erleben setzen.“ Dann stellt sich doch die Frage: Was ist denn wissenschaftlich und kompliziert? Was ist denn locker und erlebnisorientiert? Am besten kriegen Sie das zu fassen, wenn Sie ein paar typische Begriffe dazu aufschreiben.
1. Negativliste
Beginnen Sie mit der Negativliste, meist ist das einfacher. Wie sollen Ihre Texte nicht klingen?
Wenn es Ihnen leichter fällt, durchforsten Sie die Websites Ihrer Mitbewerber. Picken Sie die Wörter heraus, die Ihnen nicht gefallen. Im Anschluss gruppieren Sie sie: Welche Wörter sind zu abgegriffen? Welche sind zu aufdringlich? Etc.
Bei den „abgegriffenen“ Wörtern geht es nicht nur um allgemeine Marketing-Floskeln, sondern vor allem um die typischen Ausdrücke Ihrer Branche. Natürlich ist es nicht immer einfach, ohne auszukommen. Aber sie in Listenform aufzuführen, hilft, weniger davon zu verwenden.
- Beispiel Hotelbranche: exklusiv, exquisit, erlesen, erstrangig, luxuriös, Luxus pur
Wenn 90 % Ihrer Mitbewerber das Wort „exklusiv“ verwenden, ist es keine schlechte Idee, genau dieses Wort zu vermeiden.
2. Positivliste
Als nächstes geht es an die Positivliste. Auch hier können Sie natürlich Wörter aus den Mitbewerberseiten herauspicken, die Ihnen besonders gut gefallen. Noch besser ist es, wenn Sie sich selbst welche ausdenken – um so Ihren Texten Originalität und Unverwechselbarkeit zu verleihen.
Gruppieren Sie auch hier wieder Ihre Wörter. Etwa:
- Wörter, die auf das Erleben zielen
- Wörter, die ein Gefühl transportieren
- Wörter aus dem Begriffsfeld „Kunst“
- romantische Wörter
- coole Wörter
- etc.
Hat Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung mehrere unterschiedliche „Dimensionen“, sollten Sie dafür getrennte thematische Listen erstellen. Beispiel Hotel: Mit welchen Wörtern beschreibe ich die Zimmer, mit welchen den Service, mit welchen die umliegende Natur? Für diese Themenbereiche benötigen Sie jeweils unterschiedliche Wortfelder.
Teil 3: Referenztext
Der dritte Teil Ihres Tone of Voice sollte ein Referenztext sein. Stellen Sie Ihre Dienstleistung oder Ihr Produkt vor, unter Berücksichtigung all dessen, was Sie vorher festgelegt haben. Feilen Sie lange an dem Text. Er wird in Zukunft Ihr Maßstab sein: Alle Ihre Texte sollen so klingen (zumindest die der definierten Textgattung).
Fazit: Für Texte, die im Gedächtnis bleiben
Der Tone of Voice ist ein effektiver Weg, Ihre Kommunikation zu verbessern: durch mehr Konsistenz, eine bessere Zielgruppenansprache und idealerweise mehr Originalität. Wortlisten werden Ihnen helfen, „schwache“ Wörter zu vermeiden und mehr „starke“ zu verwenden. Mit Ihrem Referenztext haben Sie zudem immer einen Maßstab zur Hand, wie Ihre Texte klingen sollen, um dem Leser im Gedächtnis zu bleiben.
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