Der heutige Artikel meiner Storytelling-Serie widmet sich einer weiteren Teildisziplin des Storytellings: der emotionalen Ansprache. Egal ob Sie ein Produkt oder eine Dienstleistung vertreiben, in den meisten Fällen wird der Kunde Ihr Angebot nicht nur wegen seines praktischen Nutzens kaufen, sondern auch, weil er sich davon ein bestimmtes Gefühl verspricht:
- das Smartphone, um sich die Anerkennung von Kollegen zu sichern,
- das Liebhaberstück, um voll Stolz und Freude die eigene Sammlung zu ergänzen,
- das handgefertigte Teil, um sich von anderen abzuheben,
- die Farbberatung oder den Friseurbesuch, um sich schön und begehrenswert zu fühlen.
Falsch wäre es, das wörtlich anzusprechen: Mit diesem Produkt sichern Sie sich die Anerkennung Ihrer Kollegen / werden Sie sich schön und begehrenswert fühlen. Das wäre allzu plump. Außerdem handelt es sich oftmals um „verborgene“ Beweggründe, auf die der Kunde nicht unbedingt mit der Nase gestoßen werden will. (So kauft er sich das Smartphone offiziell, weil er es beruflich braucht, und nicht, weil er damit angeben will.)
Emotionale Ansprache durch Storytelling
Sie müssen es also subtiler angehen. Hierfür eignet es sich wunderbar, mit Storytelling zu arbeiten. Angenommen, Sie möchten ein Strandkleid bewerben. Versetzen Sie sich in Ihre Musterkundin hinein. Warum würde sie das Kleid kaufen? Aus praktischen Gründen: um am Strand etwas Leichtes zum Überwerfen zu haben, das auch Sand und Wasser aushält? Nein, nicht in erster Linie. So ein Strandkleid steht für Sonne und Strand – und damit für das Versprechen, sich leicht und sorgenfrei zu fühlen.
Diese Stimmung aufzurufen, wird jetzt Ihre Aufgabe sein. Dazu haben Sie verschiedene Möglichkeiten.
1. Aus Sicht eines Protagonisten
Die erste Möglichkeit wäre, Ihre Geschichte aus der Perspektive einer Protagonistin zu schreiben:
Die Sonne stand schon tief, als sie mit ihrem Strandkleid den Strand entlanglief. Das Schreien der Möwen, Kinderlachen, den Ruf des Eisverkäufers, all das nahm sie kaum wahr, ganz vertieft in den Moment. Sie genoss den weichen Sand unter ihren nackten Füßen – und das Gefühl, dass Zeit keine Rolle spielt.
Die dritte Person und die Vergangenheitsform bilden hier jedoch eine Hürde, die den Zugang zur aufgerufenen Stimmung erschwert.
2. In Anredeform
Probieren wir es mit der Gegenwart und der Anredeform. Auf diese Weise kann sich die Kundin leichter selbst als Protagonistin einsetzen:
Die Sonne steht schon tief, als Sie mit Ihrem Strandkleid den Strand entlanglaufen. Das Schreien der Möwen, Kinderlachen, den Ruf des Eisverkäufers, all das nehmen Sie kaum wahr, ganz vertieft in den Moment. Sie genießen den weichen Sand unter Ihren nackten Füßen – und das Gefühl, dass Zeit keine Rolle spielt.
Der Haken: Die Leserin könnte sich daran stoßen, ein bestimmtes Gefühl „vorgeschrieben“ zu bekommen – und sich dann dagegen sperren.
3. Als reine Stimmung
Für meinen Geschmack kann man es eleganter lösen, wenn man ganz auf die Anredeform verzichtet:
Die Sonne steht schon tief. Alles bewegt sich wie in Zeitlupe, selbst das Meer und die Möwen darüber. Das Schreien der Vögel, Kinderlachen, der Ruf des Eisverkäufers, all das dringt nur gedämpft herüber, vom Wind in Fetzen gerissen. Weicher Sand unter den Füßen – und das Gefühl, dass Zeit keine Rolle spielt.
Diese letzte Variante ist subtiler, weil sie der Leserin nichts vorschreibt. Es ist eine reine Stimmung, losgelöst von Person, Zeit und Ort. Die Kundin hat die Wahl, ob sie sich in diese Stimmung hineinversetzt oder nicht. Dies wird ihr weitaus leichter gemacht als in Variante 1, aber sie wird dazu auch nicht „genötigt“ wie in Variante 2.
Fazit: Storytelling als emotionales Triebwerk
Für welche Variante Sie sich auch entscheiden, immer geht es darum, Ihren potenziellen Kunden emotional anzusprechen. Selbstverständlich sollten Sie darüber die sachliche Beschreibung Ihres Angebots nicht vernachlässigen. Mit ergänzenden Storytelling-Elementen lassen sich jedoch zusätzliche Kaufgründe ansprechen, die weitaus stärker sein können als alle rationalen Erwägungen.
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