Nicht jeder hat eine Reinigungsfirma oder einen Friseursalon – Angebote, die auf der Unternehmenswebsite leicht zu vermitteln sind. Bei anderen Geschäftsideen ist es schwieriger: etwa bei Beratungsleistungen, Vertriebs- oder Finanzdienstleistungen. Solche Angebote leicht und verständlich darzustellen, ist gar nicht so einfach.
Gehen wir mal davon aus, Sie haben so ein komplexes Angebot. Sie haben studiert und waren schon viele Jahre in dem Bereich tätig, in dem Sie sich jetzt selbstständig machen. Sie kennen sich also richtig aus. Ihre Website-Texte wollen Sie selbst schreiben.
Was machen Sie also? Sie nehmen Ihren Businessplan als Vorlage und schreiben munter über Strategien, Konzepte, Kompetenzen & Co. Ordentlich Fachbegriffe dazu; Ihre Sätze werden länger und länger. Am Ende freuen Sie sich über Ihr intelligentes Traktat und laden die Texte auf Ihre Website.
Alles richtig gemacht? Zonk. Schneller als Sie sich umgucken können, steigt der Leser aus.
Kundenorientierung statt Selbstdarstellung
Haben Sie vielleicht etwas Wichtiges vergessen? Richtig, Ihren Kunden. Ihre Texte haben das Gewicht zu sehr auf der linken Seite, während für den Kunden viel mehr die rechte zählt:
Fachliche Details <> Schneller Überblick
Theoretischer Überbau <> Praktischer Nutzen
Was können wir <> Wie profitieren Sie als Kunde
Dass das Gewicht so leicht auf die linke Seite rutscht, kann daran liegen, dass Sie beim Schreiben noch voll im Businessplan-Modus waren. Dort beschreiben Sie Ihre Dienstleistung nämlich aus Unternehmenssicht: Wir machen das und das, dazu nutzen wir diese und jene Strategie, so wollen wir das und das erreichen … Für eine Website ist das die völlig falsche Richtung.
Mein Tipp daher: Vergessen Sie den Businessplan! Versetzen Sie sich beim Schreiben in den Kunden hinein und nur das.
Wer ist Ihre Zielgruppe?
Nun gibt es bei Ihrer Kundenstruktur zwei Möglichkeiten.
Entweder Sie verkaufen Ihre Dienstleistung an eine Kundengruppe, die nicht dasselbe Vorwissen hat wie Sie. Die nicht BWL studiert hat und Begriffe wie „Benchmark“ oder „ROI“ nicht ebenso verinnerlicht hat wie Sie. Dann ist es natürlich umso wichtiger, dass Sie Ihre Sprache einfach halten – eben der Zielgruppe angemessen.
ODER Sie verkaufen Ihre Leistung an eine Kundengruppe, die ein ähnliches Vorwissen mitbringt. „Zu denen werde ich ja wohl so sprechen dürfen, wie ich das gewohnt bin“, denken Sie jetzt vielleicht.
Eine Fehleinschätzung: Auch diese Kundengruppe hat ein Recht auf angenehm zu lesende Texte. Auch sie möchte zuallerst wissen, was für sie herausspringt – und keine theoretische Abhandlung lesen.
Zeigen Sie weniger den Weg als das Resultat
Damit hängt direkt mein nächster Punkt zusammen: Konzentrieren Sie sich eher auf das Ergebnis für den Kunden als auf Ihren Weg dorthin.
Ich weiß, Sie haben viel Mühe in ein ausgefeiltes Konzept investiert. Aber zum Zeitpunkt des Erstkontakts – und davon kann man bei einem Website-Besuch ausgehen – interessiert das den Kunden noch nicht so sehr. Er will vor allem wissen, was Sie für ihn erreichen können.
Das heißt nicht, dass sie nur inhaltsleere Versprechen machen sollten à la: „Wir verschaffen Ihnen mehr Kunden und steigern Ihren Umsatz.“ Sie sollten schon dazusagen, wie Sie das erreichen wollen. Nur brauchen Sie Ihren Kunden dafür nicht mit Fachbegriffen zuzuschütten oder sich in komplizierten Details zu ergehen.
Einfach heißt also nicht oberflächlich!
Trauen Sie sich, etwas wegzulassen
Warum nur fällt es trotzdem manchmal so schwer, sich kurzzufassen? Es ist ganz natürlich, dass Sie zeigen wollen, wie viel intellektueller Aufwand in Ihrem Angebot steckt. Sie hoffen verständlicherweise, Ihren potenziellen Kunden damit zu beeindrucken.
Aber Hand aufs Herz: Kaum ein Kunde wird den Nerv dafür haben, sich zu diesem Zeitpunkt intensiv mit Ihrem Konzept auseinanderzusetzen. Wenn Sie auf Ihrer Website zu sehr ins Detail gehen, wird ihn das eher abschrecken.
Viel wichtiger ist, dass der Kunde neugierig auf Ihr Angebot wird. Und dass Sie ihm als Dienstleister kompetent, vertrauenerweckend und sympathisch erscheinen.
Haben Sie also keine Angst, etwas wegzulassen. Ihre Website ist lediglich der erste Schritt auf Ihrem Weg zum Auftrag. Alles Weitere können Sie dem Kunden immer noch erklären, wenn er erst einmal beschlossen hat, Sie zu kontaktieren.
Kompliziertes einfach darstellen: Tipps für Ihre Website-Texte
Wichtig ist also zunächst die innere Einstellung: weniger Selbstdarstellung, mehr Kundennähe. Wenn Sie das verinnerlicht haben, können Sie sich ans Schreiben Ihrer Texte machen. Folgende Tipps werden Ihnen dabei helfen.
1. Beginnen Sie mit der Quintessenz
Gerade bei einem komplizierten Angebot ist es wichtig, dass der Kunde auf einen Blick erfasst: Darum geht es. Beginnen Sie Ihre Website mit ein bis zwei Sätzen, die Ihr Angebot kurz und knapp zusammenfassen. Haben Sie Mut, etwas wegzulassen – Sie können an dieser Stelle nicht alles unterbringen.
2. Kommunizieren Sie klar und direkt
Für alle Ihre Website-Texte gilt: Benutzen Sie eine aktive Sprache und vermeiden Sie Schachtelsätze, Passivkonstruktionen und Nominalstil. Seien Sie klar in Ihren Aussagen.
3. Seien Sie sparsam mit Fachbegriffen
Wann immer Sie einen Fachbegriff verwenden wollen, prüfen Sie, ob es auch einfacher geht. Manche Fachbegriffe sind aber schlichtweg nötig. Dann gilt: Bauen Sie sie in möglichst einfache, kurze Sätze ein und häufen Sie sie nicht.
4. Sorgen Sie für Entspannung
Manchmal müssen Sie auch etwas Kompliziertes sagen. Das dürfen Sie. Problematisch ist erst die Masse. Nach jedem schwierigen Satz sollte daher ein einfacher Satz zur „Entspannung“ folgen. Streuen Sie Fragen oder Kurzsätze ein, um Ihren Text aufzulockern.
5. Schreiben Sie, wie Sie sprechen
„Und, was machen Sie so?“ Wie würden Sie Ihr Angebot einem Gesprächspartner auf einer Netzwerkveranstaltung erklären? Diese Übung hält Sie automatisch davon ab, steife Formulierungen zu wählen, die Sie im wahren Leben nicht in den Mund nehmen würden.
6. Sprechen Sie den Leser an
Holen Sie immer wieder die Aufmerksamkeit des Lesers zurück, indem Sie ihn direkt ansprechen: „Was bedeutet das für Sie?“, „Für Sie ist das gut, weil …“, „So gewinnen Sie …“ Auf diese Weise riskieren Sie gar nicht erst, in den Stil eines wissenschaftlichen Traktats zu verfallen.
7. Sorgen Sie für Übersichtlichkeit
Gerade ein kompliziertes Angebot sollte niemals zu viel Fließtext haben. Machen Sie Absätze, verwenden Sie Zwischenüberschriften. Nutzen Sie Listen. Lockern Sie den Text durch Bilder und Grafiken auf.
8. Nutzen Sie Icons
Die Darstellung mit Icons ist eine wunderbare Möglichkeit, einen komplizierten Sachverhalt einfach darzustellen.
Nutzen Sie Icons, um beispielsweise die einzelnen Schritte Ihrer Vorgehensweise oder die Vorteile für den Kunden schlagwortartig darzustellen. Dabei suchen Sie immer einen passenden Oberbegriff und erklären ihn kurz in ein, zwei Sätzen. Jeder Punkt bildet einen Block, immer zwei bis vier Blöcke werden nebeneinander dargestellt. Das ist für den Kunden weitaus besser zu erfassen als ein Fließtext.
9. Lagern Sie Inhalte aus
In einem Blog können Sie sich einzelnen Fachthemen intensiver widmen. Oder legen Sie die Informationshierarchie Ihrer Website so an, dass der Kunde bei Bedarf tiefer einsteigen kann, etwa indem er sich ein Produktdatenblatt herunterlädt.
10. Lassen Sie Probe lesen
Natürlich kennen Sie selbst sich in Ihrem Fachgebiet am besten aus. Die Folge ist oftmals ein Tunnelblick: Für Sie klingt alles pillepalle-einfach und überhaupt nicht kompliziert. Lassen Sie Ihren Text daher von Personen Probe lesen, die mit der Materie nicht vertraut sind. Verstehen sie, was Sie sagen wollen? Wenn nicht, bessern Sie nach.
Möglichkeit B: Lassen Sie die Texte von einem Texter/einer Texterin Ihres Vertrauens schreiben. Einer externen Person wird es leichter fallen, den Text so schreiben, dass er von Außenstehenden gut zu verstehen ist.
Fazit: Kundennähe statt Fachduselei
Je komplizierter Ihr Angebot ist, desto wichtiger ist es, es klar und einfach zu kommunizieren. Überlegen Sie genau, welches Vorwissen Ihre Zielgruppe mitbringt und welche Informationen sie auf Ihrer Website sucht. Selbst wenn Ihre Kunden eine komplizierte Darstellung intellektuell erfassen könnten, machen Sie es ihnen trotzdem so einfach wie möglich.
Denken Sie daran: Sie müssen nicht Ihr komplettes Angebot in all seinen Facetten darstellen. Ziel ist es, das Interesse des Kunden so weit zu wecken, dass er Sie kontaktiert. Und das gelingt besser mit einem leichten Snack als mit einem schweren Fünf-Gänge-Menü.
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Claudia Dieterle meint
Hallo Annika,
das ist denke ich der Kernpunkt auf jeder Website, auf den Punkt zu kommen und dem Besucher möglichst schnell einen Eindruck zu vermitteln, was er erhält, sonst ist er ganz schnell wieder weg.
In der Regel sucht jemand etwas ganz Bestimmtes und möchte auf der Website möglichst schnell das gesuchte Produkt oder die gesuchte Serviceleistung finden. Der Satz „Zeigen Sie weniger den Weg als das Resultat“ bringt es auf den Punkt. Bei Serviceleistungen will der Kunde auf der Website „nur“ die Bestätigung, dass es den gewünschten Service dort gibt, um ein Ziel zu erreichen oder Hilfe zu erhalten. Eine langatmige mit Fachbegriffen gespickte Beschreibung des mühsamen Wegs dorthin schreckt nur ab wie im Artikel beschrieben.
Viele Grüße
Claudia
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Claudia,
danke für deinen Kommentar! „Nur“ eine Bestätigung, dass es den gewünschten Service dort gibt, wäre mir allerdings etwas zu kurz gegriffen. Dann bräuchte man sich ja nicht mehr anzustrengen, den Nutzer von seinem Angebot zu überzeugen.
Anders gewendet: Es wäre gefährlich zu sagen, „zeigen Sie nur das Resultat, nicht den Weg“. Denn dann kann sich ein Unternehmer bemüßigt fühlen, die blumigsten Versprechen zu machen, ohne das mit einer konkreten Vorgehensweise zu unterfüttern. Und das wäre sicher nicht empfehlenswert.
Am Ende kommt alles auf die Dosis an (und auf die Art und Weise), da sind wir uns sicher einig. 🙂
Viele liebe Grüße
Annika
Claudia Dieterle meint
Hallo Annika,
deshalb habe ich das „nur“ in Anführungszeichen gesetzt. Ich denke, wenn der Besucher nicht ziemlich schnell eine Bestätigung erhält, dass es für ihn passt, ist er auch nicht bereit, weiter zu lesen. Da stimme ich Dir zu, dass es auf die Dosis ankommt, nur das Resultat zu zeigen ist zu wenig, aber zu ausführlich den Weg zu beschreiben, ist wieder zu viel.
Viele Grüße
Claudia
Janett Reimann meint
Hallo Annika,
ein sehr wichtiger und wie immer gut geschriebener Artikel mit tollen Tipps. Danke dafür! Ich werde ihn auf jeden Fall auf meinen Social-Media-Kanälen verbreiten. Die Botschaft ist einfach zu wichtig. 🙂
Ich arbeite auch als freiberufliche Texterin und könnte über dieses Thema schon mehrere Lieder singen. Es bereitet tatsächlich vielen Website-Betreibern, die ihre Texte selbst oder von Laien schreiben lassen, sehr große Schwierigkeiten, die Kundenperspektive einzunehmen. Da liest man dann viel Fachchinesisch oder erfährt allerhand über das Unternehmen selbst, aber vom eigentlichen Nutzen für den Kunden findet man so gut wie nichts. Kaum ein Website-Betreiber weiß, dass ihm dadurch potenzielle Kunden verloren gehen.
Ganz besonders wichtig finde ich den Tipp, dass die Sprache klar und verständlich sein sollte. Ein komplizierter Ausdruck, jede Menge Fremdwörter oder endlose Schachtelsätze stehen nicht sinnbildlich für Intelligenz, sondern für jemanden, der beim Schreiben nicht an seine Leser gedacht hat. Solche gehobenen Texte lesen sich verdammt schwer und man braucht einige Zeit, bis man die Botschaften entschlüsselt hat (wenn man sich denn überhaupt die Zeit nehmen will). Die Gefahr einer Fehlinterpretation ist auch sehr hoch. Also nur keine Angst vor einfacher Sprache!
Vielen Dank noch mal für den gelungenen Artikel!
Mit kollegialen Grüßen
Janett
PS: Ich bin immer sehr dankbar, wenn mich meine Leser auf Fehlerteufel hinweisen. Ich hoffe, Du findest es nicht kleinlich, aber meine aufs Korrekturlesen trainierten Augen haben eben einen gesehen. In diesem Satz im Abschnitt „Trauen Sie sich, etwas wegzulassen“ steckt er: „Und dass Sie ihm als Dienstleister kompetent, vertrauenserweckend und sympathisch erscheinen.“ Es heißt „vertrauenerweckend“. Ohne „s“ (Duden). 🙂
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Janett,
vielen Dank für dein Lob und deine Sicht als Kollegin! Es freut mich sehr, das zu lesen.
Danke auch für den Hinweis auf den Fehlerteufel – das ist überhaupt nicht kleinlich, sondern sehr wertvoll. Und eine gute Anregung für meine Beliebte-Rechtschreibfehler-Rubrik auf Facebook: das Fugen-s und seine Tücken. 😉
Viele liebe Grüße
Annika