Als gute/r Unternehmer/in sind Sie bestrebt, es Ihrem Kunden so kuschelig wie möglich zu machen. Ihr Verhältnis ist von Harmonie und zuvorkommender Freundlichkeit geprägt, bis … ja, bis Tag X kommt: der Tag, an dem Sie Ihrem Kunden etwas Unangenehmes mitteilen müssen. Zu solch heiklen Themen gehören etwa Preiserhöhungen oder Zahlungserinnerungen. Die folgenden Tipps helfen Ihnen, diese kritischen Phasen in Ihrer Kundenbeziehung ohne größere Schweißausbrüche zu überstehen.
Fall 1: Sie wollen die Preise anheben
Es ist mal wieder eine Preiserhöhung fällig? Am einfachsten können Sie dafür Ihre Neukunden in die Pflicht nehmen. Solange sie Ihre alten Preise nicht kennen, werden sie sich daran nicht stören. Was aber, wenn Sie Ihre Preise auch Ihren Altkunden gegenüber erhöhen müssen?
Versuchen Sie nicht, die Erhöhung zu beschönigen
Wer kennt sie nicht, die Briefe von Energieversorgern und Krankenkassen, die uns die nächste Preiserhöhung als Sechster im Lotto verkaufen wollen:
- „Die meisten unserer Mitbewerber erhöhen ihre Preise um 10 %. Aber Sie haben Glück: Wir erhöhen nur um 5 %!“
- „Ihre Zufriedenheit ist uns wichtig. Deshalb erhöhen wir unsere Preise trotz gestiegener Kosten nur um 5 %.“
Das Problem: Wenn Sie eine faule Frucht in glänzendes Geschenkpapier verpacken, bleibt es trotzdem eine faule Frucht. Im Gegenteil, sie sieht vielleicht noch fauler aus, weil der Kontrast zum Geschenkpapier so groß ist. Besser, Sie sind ehrlich und geradeheraus.
Seien Sie nicht zu defensiv
Zu einer geraden Haltung gehört auch, dass Sie sich nicht wortreich entschuldigen oder gar auf die Tränendrüse drücken:
„Ich habe lange versucht, diese Preiserhöhung hinauszuzögern. Gestiegene Kosten machen es mir aber leider unmöglich, meine Preise beizubehalten. Deshalb muss ich sie zum 01.01.2017 leider erhöhen. Ich hoffe sehr, Sie haben Verständnis dafür.“
Wenn Sie zu sehr in die Defensive gehen, merkt man Ihnen Ihr schlechtes Gewissen an. Dem Kunden gegenüber sollten Sie aber lieber selbstbewusst und bestimmt auftreten.
Begründen oder nicht?
Als Nächstes stellt sich die Frage, ob Sie die Preiserhöhung dem Kunden gegenüber begründen sollten. Eine gute Begründung liegt beispielsweise vor, wenn Sie als Händler auf gestiegene Preise Ihrer Zwischenlieferanten verweisen können:
„Die Preise für Wolle haben sich im letzten Jahr um 5 % erhöht, so dass ich die Preise für meine Strickwaren anpassen muss.“
Die meisten anderen Gründe sind eher weniger geeignet:
- Ich möchte mehr verdienen.
- Ich habe meine Preise anfangs zu niedrig angesetzt.
- Ich bin besser geworden, meine Arbeit ist inzwischen mehr wert.
Das sind Beweggründe, die Sie besser verschweigen. Die ersten beiden sind ganz allein „Ihr Bier“. Der dritte Grund mag gerechtfertigt sein, ist aber schwierig zu kommunizieren.
Ehe Sie sich mit Ihrer Begründung in die Nesseln setzen, verzichten Sie lieber ganz drauf. Es genügt, eine (moderate) Preiserhöhung sachlich mitzuteilen. Gut ist, wenn Sie Ihren Kunden genügend Vorlauf geben:
„Zum 01.01.2017 erhöhen sich meine Preise um durchschnittlich 10 %. Aufträge/Bestellungen, die bis zum 31.12.2016 eingehen, werden noch zum alten Preis abgerechnet.“
Ihr Kunde wird diese Transparenz schätzen – und hoffentlich auch die Preiserhöhung mittragen.
Fall 2: Sie müssen auf eine Beschwerde reagieren
Die kuschelige Beziehung, die Sie gerne mit Ihren Kunden hätten, ist nicht immer von Gegenseitigkeit geprägt. Querulanten gibt es immer, ob zu Recht oder zu Unrecht:
- Der Kunde ist mit der Qualität Ihres Produkts nicht zufrieden.
- Er fordert Nachbesserung für eine Dienstleistung.
- Er schreibt Ihnen eine negative Bewertung.
- Er findet die Versandkostenpauschale zu hoch.
- Er sieht nicht ein, dass er für eine Retoursendung die Kosten tragen soll.
Wie reagieren Sie am besten?
Nehmen Sie es nicht persönlich
Auch, wenn Sie sich zu Unrecht beschuldigt fühlen: Jetzt beleidigt zu reagieren, zeugt nur von mangelnder Professionalität. Der Kunde ist nicht Ihr Freund; sein Verhalten braucht Sie nicht persönlich zu verletzen. Werden Sie in Ihrer Antwort also niemals pampig. Wenn Ihnen das gerade schwerfällt, schlafen Sie lieber noch eine Nacht drüber, bevor Sie antworten.
Auch Kunden, die Ihnen äußerst unhöflich begegnen, sollten Sie erst recht mit Höflichkeit begegnen. Lässt der Kunde beispielsweise Begrüßungs- und Abschiedsformel weg, tun Sie es ihm nicht etwa gleich. Als Geschäftsfrau oder Geschäftsmann sollten Sie immer Ihre Rolle wahren.
Führen Sie sachliche Gründe an
Also, Blutdruck wieder gesenkt? Dann können Sie sich an Ihre Antwort setzen. Wichtig ist, dass Sie den Kunden und seine Kritik zunächst einmal für voll nehmen. Führen Sie dann sachliche Gründe auf, warum Ihre Sicht anders ist.
„Sehr geehrter Herr …, vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich kann verstehen, dass Ihnen die 4,95 Euro Versandkostenpauschale auf den ersten Blick hoch erscheinen mögen. Tatsächlich liegt dieser Betrag jedoch noch unter den Kosten, die uns für Verpackungsmaterial und Versand entstehen.“
„(…) Ich bedaure sehr, dass Sie mit unserem Produkt unzufrieden sind. Die Größe des Produkts begründet jedoch keinen Mangel, da die Maße in der Produktbeschreibung genau angegeben sind.“
„(…) Leider übernehmen wir keine Retourenkosten und können Ihnen daher das Rücksendeporto nicht erstatten. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass die Kosten der Rücksendung grundsätzlich der Käufer zu tragen hat. Uns ist bewusst, dass viele Händler dies anders halten. Dennoch haben wir uns dagegen entschieden, weil wir die entstehenden Mehrkosten sonst auf unsere Produktpreise aufschlagen müssten.“
Halten Sie Ihre Begründung immer so kurz wie möglich. Sich hier in ellenlange Erklärungen zu versteigen, wäre ein falsches Signal (und der Kunde würde höchstwahrscheinlich gar nicht alles lesen).
Heben Sie die Vorteile für den Kunden hervor
Oft ist an das, was der Kunde im ersten Moment als Nachteil sieht, bei näherer Betrachtung auch ein Vorteil geknüpft. Dieser Vorteil ist für den Kunden weit wichtiger als Ihre unternehmerischen Gründe. Halten Sie daher die unternehmerischen Gründe kurz und führen Sie lieber den Kundenvorteil an:
„(…) Tatsächlich liegt dieser Betrag jedoch noch unter den Kosten, die uns für Verpackungsmaterial und Versand entstehen. Bedenken Sie auch, dass Sie im stationären Handel einen höheren Produktpreis bezahlen müssten. Unterm Strich ist unser Angebot daher sehr preisgünstig.“
„(…) Dennoch haben wir uns dagegen entschieden, weil wir die entstehenden Mehrkosten sonst auf unsere Produktpreise aufschlagen oder den Hinversand in Rechnung stellen müssten. Dieser ist bei uns schon ab 20 Euro Bestellwert kostenlos.“
Finden Sie ein versöhnliches Ende
Ihre Antwort sollten Sie mit einem versöhnlichen Ton beschließen:
„Möchten Sie sich dennoch für ein anderes Produkt entscheiden, können Sie das Produkt selbstverständlich an uns retournieren.“
„Wir hoffen, Sie bald wieder als Kunde begrüßen zu dürfen. Bei Rückfragen stehe ich gern zu Ihrer Verfügung.“
Auch wenn Sie Ihre Antwort aus Unternehmenssicht in der Wir-Form geschrieben haben, unterschreiben Sie unbedingt mit Ihrem persönlichen Namen. Der Kunde sollte es immer mit einem Menschen zu tun haben, nicht mit einem anonymen Unternehmen. (Im obigen Beispiel bin ich beim letzten Satz – bezüglich der Rückfragen – daher auch in die Ich-Form gewechselt.)
Fall 3: Sie wollen den Kunden an eine offene Rechnung erinnern
Das Mahnwesen ist ein Kapitel für sich, so dass ich hier nicht auf alle Aspekte eingehen möchte. Stattdessen gehe ich von dem Fall aus, dass Sie Ihren Kunden erst einmal nur freundlich an die offene Rechnung erinnern wollen, ohne ihm gleich mit der „offiziellen“ Mahnkeule zu kommen.
Über sieben Brücken musst du gehen?
Viele Unternehmen versuchen dem Kunden eine Brücke zu bauen, indem sie Verständnis für sein Versäumnis äußern:
„In der Hektik des Alltags kann manches einmal untergehen. Sicher haben Sie die Zahlung unserer Rechnung vom 01.03.2016 nur vergessen.“
Dabei gibt es jedoch zwei Probleme:
- Sie unterstellen einen Grund, der vielleicht gar nicht zutrifft.
- Die Formulierung hat etwas Oberlehrerhaftes, was besonders für einen Einzel- oder Kleinunternehmer wenig passend erscheint.
Mein Favorit ist daher auch hier: Klar, sachlich und geradeheraus kommunizieren.
Reden Sie Klartext, aber bleiben Sie freundlich
Die Kunst ist also, klar und bestimmt aufzutreten und dennoch freundlich zu bleiben. Drei Vorschläge:
„Leider konnten wir zu unserer Rechnung vom 01.03.2016 noch keinen Geldeingang verbuchen. Bitte überweisen Sie den offenen Betrag bis zum 15.04.2016. Vielen Dank!“
„Bei der Prüfung meiner Buchhaltung ist mir aufgefallen, dass Sie meine Rechnung vom 01.03.2016 noch nicht bezahlt haben. Bitte holen Sie dies bis zum 15.04.2016 nach. Vielen Dank!“
„Da das Zahlungsziel meiner Rechnung vom 01.03.2016 schon seit X Tagen überschritten ist, bitte ich Sie, den offenen Betrag bis zum 15.04.2016 zu überweisen. Vielen Dank!“
Vergessen Sie nicht, ein Zahlungsziel zu nennen und die betroffene Rechnung Ihrer Mail noch einmal anzuhängen. Hatte Ihr Kunde die Zahlung lediglich vergessen, wird er die Überweisung nun sicher nachholen – und Sie mussten dafür nicht einmal unfreundlich werden.
Fazit: Keine Angst vorm Kunden
In der Kundenbeziehung ist Harmonie ein hohes Gut. Dennoch hilft es nichts, sich vor unangenehmen Situationen zu drücken. Nehmen Sie sie stattdessen als ganz natürlich an. Solange Sie freundlich bleiben und nicht persönlich werden, sollten auch unbequeme Themen der guten Beziehung keinen Abbruch tun.
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Ute Pertzsch meint
Liebe Frau Annika, so darf ich Sie doch ansprechen? Ich bin so froh, dass ich Ihren Blog gefunden habe, damals auf der Suche nach Textbausteinen für Weihnachtsgrüße für meine kleine Firma und darüber hinaus. Jeder Beitrag, der mich erreicht, wird nicht nur gespeichert, sondern er wird ausgedruckt und kommt in einen Ordner! Es wurde wirklich Zeit, Ihnen zu danken und anzusprechen, Ihre wunderbaren Hinweise, Ratschläge usw. weiter an uns zu geben.
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Pertzsch,
tausend Dank für dieses wunderbare, motivierende Feedback. Dass es meine Beiträge bei Ihnen sogar aus der digitalen Welt heraus aufs Papier schaffen, finde ich ja ganz zauberhaft.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Dieter Zibert meint
Hallo Frau Lamer,
eine ganz interessante Zusammenfassung zum Thema Umgang mit Kunden! Was das Thema Preise anheben angeht, versuchen noch viel zu viele Unternehmer die Kunden über die Preise zu gewinnen.
Deswegen wird es irgendwie peinlich, wenn man den Kunden über eine Preiserhöhung informieren will. Ich bin der Meinung, wenn man sich richtig positioniert, wird der Kunde die Dienstleistungen wirklich schätzen und gewisse Preiserhöhungen (die im Rahmen bleiben) problemlos akzeptieren.
Viele Grüße
Dieter Zibert
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Zibert,
ich gebe Ihnen recht. Schwierig mit der Preiserhöhung wird es tatsächlich, wenn sich das Unternehmen immer nur über den Preis definiert hat – und sonst kein anderes gutes Argument für sein Angebot vorzuweisen hat. Mit einer solchen Strategie werden ja vor allem die Kunden angesprochen, denen der Preis am wichtigsten ist. Und die sind dann schneller weg, als man gucken kann.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Thomas Schuster meint
Hallo Frau Lamer,
prima was Sie da zusammengetragen haben. Eine Anmerkung noch in Sachen Preiserhöhung. Wenn Kunden die Preiserhöhung wegdiskutieren möchten, ist es hilfreich, wenn man seine Leistungen in Segmente zerlegt und darstellt. Nicht einen Hamburger verkaufen sondern: Ein frisches, getoastetes Sesambrötchen, knackfrischer Salat aus regionaler Erzeugung, mild-aromatische Zwiebelchen, Tomatensauce nach eigener geheimer Rezeptur, dazu frisches Rinderhack mit Herkunftsnachweis, gekrönt von italienischen Tomaten und nochmals leckerem Salat, das ist ein Snack der den Gaumen verwöhnt! Für all das werden nur xx Euro fällig! Im Idealfall bekommen Kunden nun fast ein schlechtes Gewissen.
Schönen Tag noch wünscht
Thomas Schuster
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Schuster,
danke für den Kommentar und den Tipp. Der gilt natürlich auch und gerade für Dienstleistungen – Texten z. B. ist nicht nur Texten, sondern es gehört noch eine Menge anderes dazu. Das aufzudröseln, kann bei der Preisargumentation tatsächlich helfen.
Viele Grüße
Annika Lamer
Thomas Mayer meint
Liebe Frau Dr. Lamer,
auf Ihrer Seite stehen viele tolle Tipps, eine Formulierung aber halte ich für nicht zielführend: Vielen Dank für Ihr Verständnis. Das klingt für mich bevormundend und zieht eine Verweigerung meines Verständnisses nach sich.
Vielen Dank für Ihr Verständnis! 😉
Freundliche Grüße
Thomas Meyer
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Meyer,
da haben Sie recht. Das Problem: Es geht ja um eine für den Kunden negative Nachricht. Man hat automatisch das Bedürfnis, zum Schluss noch eine Nähe zum Kunden herzustellen, eine Brücke zu schlagen. „Vielen Dank für Ihr Verständnis“ ist dafür aber nicht wirklich geeignet. Ich werde den Satz streichen. 🙂
Beste Grüße
Annika Lamer
Bion meint
wie schreibe ich d.Kunden eine email bervor die rechnung fällig ist also 30 z.b 2 wochen vorher nachfragen ob er die rechnung erhalten hat und ob alles ok ist so halt ….
Dr. Annika Lamer meint
Hallo,
ich bin mir nicht sicher, worauf Sie abzielen – erwarten Sie einen Formulierungsvorschlag von mir, hier im Kommentarfeld? Das wird nicht funktionieren. 🙂
Viel Erfolg und beste Grüße
Annika Lamer