Ihre Über-uns-Seite klingt wie trocken Brot, Ihr Newsletter zerfällt beim Lesen zu Staub? Nähkästchen auf! Was Ihnen fehlt, ist eine Anekdote.
Eine Anekdote ist laut Duden eine „kurze, meist witzige Geschichte, die eine Persönlichkeit, eine soziale Schicht, eine Epoche u. Ä. treffend charakterisiert“. Damit eignen sich Anekdoten ideal für Ihre Über-uns-Seite, geht es hier doch genau darum, Sie als Unternehmer/in treffend zu charakterisieren. Aber auch Ihre Newsletter, Blogbeiträge oder sogar Werbebriefe lassen sich mit Anekdoten aufpeppen. Wie genau, das erfahren Sie im heutigen Beitrag.
Warum Anekdoten?
Das Erzählen von Anekdoten gehört zum großen Bereich des Storytelling, jener Marketingdisziplin, die sich gerade zu Recht großer Popularität erfreut. Zur Duden-Definition sei noch hinzugefügt, dass es sich bei der Anekdote um eine Story aus Ihrem Leben handeln soll. Es geht also nicht darum, sich irgendetwas auszudenken, sondern um einen authentischen Einblick.
Und warum das Ganze? Es sind vor allem drei Aspekte, die das Anekdotenerzählen so wertvoll machen:
1. Menschen mögen Geschichten
Das menschliche Gehirn liebt Geschichten. Schon unsere Vorfahren haben sich zum Geschichtenerzählen ums Feuer vereint. Eine gute Geschichte fesselt die Aufmerksamkeit des Lesers – und bleibt länger im Kopf.
2. Besser können Sie Ihre Persönlichkeit nicht zeigen
Sie können noch so oft betonen, dass Sie zuverlässig sind, tatkräftig, kreativ, was weiß ich – das sind in letzter Konsequenz nur leere Behauptungen. Wenn Sie hingegen eine Geschichte erzählen, die Sie als kreativ zeigt, wird Ihnen der Kunde viel eher glauben. Er ist dann nämlich in der Position, seine eigenen Schlüsse ziehen zu dürfen. Statt bevormundet zu werden, macht er sich sein eigenes Bild.
3. Humor ist eine starke Waffe
Ihre Anekdote muss nicht zwingend witzig sein – aber wenn sie es ist, können Sie sich nur beglückwünschen. Marketingtexte sind viel zu oft trocken, bieder und ernst. Eine Prise Humor, und Sie sind sich der Aufmerksamkeit Ihres Lesers gewiss.
Wie also können Sie Anekdoten für Ihre Werbetexte einsetzen? Darum geht es jetzt genauer.
Anekdoten auf der Über-uns-Seite
Berufliche Stationen, Meilensteine in der Firmenchronik … alles schön und gut, aber für den Kunden nicht gerade die spannendste Lektüre. Interessanter als das Gründungsdatum ist doch die Frage: Was ist da eigentlich passiert, damals, als Unternehmer X seinen ersten Kunden besucht hat?
Zugegeben, es ist nicht immer leicht, auf eine interessante Anekdote zu kommen. Folgende Überlegungen können Sie auf die richtige Spur bringen:
- Gibt es eine lustige Begebenheit aus Ihrer Kindheit, die mit Ihrer heutigen Tätigkeit zusammenhängt?
- Welche besonderen Momente gab es in Ihrer Gründungszeit?
- Welche Geschichte haben Sie schon einmal Freunden erzählt, in der es um Ihre Arbeit ging?
- Welche Charaktereigenschaft halten Sie für erwähnenswert? Welche Geschichte kann man dazu erzählen?
Beispiel 1: Anekdoten aus Ihrer Kindheit
Es gibt kaum ein besseres Reservoir für witzige Geschichten als die eigene Kindheit. Erstens stellen Kinder ja so einiges an, worüber man später nur lachen kann, zweitens geben Sie sich mit der Geschichte keine Blöße – Sie waren ja noch ein Kind (nicht der verantwortungsvolle Unternehmer von heute). Natürlich sollte die Story nicht beliebig ausgewählt sein, sondern eine Verbindung zu Ihrer heutigen Tätigkeit haben.
Eine schöne Anekdote ist, wie ich finde, meinem Kunden Torsten Fröhlich eingefallen, seines Zeichens Dienstleister für Heim- und Bürotechnik. Als kleiner Steppke bekam er eine Autolampe in die Finger und schloss sie kurzerhand mit zwei Drähten an die Steckdose an. Resultat: „Die Lampe flog mir um die Ohren, und das gesamte Haus hatte keinen Strom mehr.“ Eine Anekdote mit Wumms – und ein super Einstieg für Herrn Fröhlichs Über-mich-Seite.
Wichtig war dabei zu zeigen, dass dies die Initialzündung für den jungen Torsten war, sich künftig näher (und verantwortungsbewusster) mit Elektrotechnik zu befassen. Solche Brüche zwischen einem holprigen Anfang und einer erfolgreichen Fortsetzung machen sich übrigens besonders gut – warum, habe ich in dem Artikel Ihre Über-mich-Seite mit Twist beschrieben.
Beispiel 2: Anekdoten aus Ihrer Gründungszeit
Anekdoten aus der Kinderzeit berühren natürlich stark die private Ebene und passen daher nicht zu jedem Unternehmen. Möchten Sie auf der beruflichen Ebene bleiben, so erinnern Sie sich an Ihre Gründungszeit zurück. Gerade zu Anfang läuft ja in den seltensten Fällen alles glatt – der ideale Nährboden für Anekdoten.
Auch hier fällt mir das Beispiel eines Kunden ein, in diesem Fall ein erfolgreicher Maschinenbau-Unternehmer. In jungen Jahren entwarf er auf dem heimischen Dachboden seine erste Maschine am Reißbrett. Da er damals noch keine eigene Produktionshalle zur Verfügung hatte, musste er die Maschine ohne Testlauf direkt beim Kunden montieren und in Betrieb nehmen. Für seinen Mut wurde er belohnt: Das riskante Unterfangen ist (natürlich) gut gegangen.
Beispiel 3: Anekdoten aus dem Unternehmensalltag
Natürlich kann Ihre Anekdote auch aus jedem anderen Zeitpunkt Ihrer Karriere stammen. Hier etwas zu finden, ist allerdings nicht ganz so leicht: Die Storys aus der Kindheit oder der Gründungszeit leben ja gerade von dem Kontrast zwischen damals und heute. („Das waren noch verrückte Zeiten, als ich noch keine eigene Fertigungshalle hatte …“)
Vielleicht ist Ihnen aber auch in Ihrer „aktiven Zeit“ etwas Verrücktes passiert. Ein Kunde, der mit einem ungewöhnlichen Wunsch zu Ihnen kam. Eine Herausforderung, die Sie veranlasst hat, Ihr Unternehmen noch einmal umzustrukturieren. („Seitdem achten wir auf eins ganz besonders: …“)
Beispiel 4: Anekdoten, die eine besondere Eigenschaft illustrieren
Bei der vierten und letzten Form der Anekdote zäumen Sie das Pferd quasi von hinten auf. Sie greifen sich zuerst eine Charaktereigenschaft heraus, die Sie verdeutlichen wollen. In einem zweiten Schritt überlegen Sie, welche Anekdote dazu passen könnte.
Ein Beispiel: Auf meiner Über-mich-Seite wollte ich ausdrücken, dass ich ein sehr reflektierter Mensch bin, trotzdem aber auch eine starke kreative Ader habe. Für den „rationalen Part“ fiel mir die Anekdote ein, wie mich mein Fahrlehrer gleich in der ersten Fahrstunde als „zu verkopft“ bezeichnet hat. Ich habe ihm wohl zu viel nachgedacht, anstatt Gas, Kupplung und Bremse intuitiv zu bedienen. Können Sie sich jetzt mein Wesen ein bisschen besser vorstellen? Schon, oder?
Die „besondere Eigenschaft“ kann also eine Charaktereigenschaft von Ihnen sein, aber genauso gut auch ein Aspekt Ihrer Unternehmensphilosophie. Nehmen wir an, Sie wollen deutlich machen, dass Sie und Ihr Team für die Wünsche des Kunden das Unmögliche wahr machen. Dann können Sie eine entsprechende Anekdote dazu erzählen (und die Floskel „das Unmögliche wahr machen“ aus Ihrem Vokabular streichen).
Anekdoten im Newsletter
Neben der Über-uns-Seite gibt es noch weitere mögliche Schauplätze für Ihre Anekdoten. Insbesondere im Newsletter ist die Anekdote ein hervorragendes Instrument zur Leserbindung.
In dem Beitrag Hallo, wer schreibt denn da? habe ich schon einmal erklärt, warum Sie im Newsletter Ihr Ende der Leitung nicht vergessen sollten. Es ist immer von Vorteil, wenn Sie als Absender aus der Anonymität heraustreten und als Person in den Vordergrund treten. Dafür eignen sich Anekdoten bestens.
Da im Newsletter nicht dieselben Ansprüche an Originalität und Aussagekraft gelten wie auf Ihrer Unternehmenswebsite, brauchen Sie auch vor scheinbar banalen Alltagsgeschichten nicht zurückzuschrecken. Die Online-Marketing-Trainerin Katharina Lewald berichtet in einem ihrer Newsletter zum Beispiel, wie sie einen Brief von ihrem großen Vorbild bekam und dabei vor Freude „wie ein kleines Schweinchen“ quiekte. Ein Bild, das im Kopf bleibt!
Natürlich hat Katharina das nicht einfach nur so erzählt, sondern sie hat davon ausgehend den Bogen zu ihrem Business geschlagen. Auch eine banale Anekdote will also wohlüberlegt sein.
Unter denselben Maßgaben können Sie auch Ihren Werbebrief mit einer Anekdote bestücken. Sich hier Zeit und Platz für eine Anekdote zu nehmen, ist eher unüblich – aber gerade mit dem Unüblichen erregen Sie Aufmerksamkeit. Alles, was vom Schema F abweicht, ist für den Leser eine willkommene Abwechslung vom typischen Werbebrief-Blabla.
Anekdoten im Blog
Auch im Blog können Anekdoten für einen interessanten Einstieg sorgen. So können Sie etwa erzählen, wie Sie auf das Thema Ihres Artikels gekommen sind. Oder Sie wählen eine „freie“ Anekdote, um mit einem lebendigen Einstieg die Aufmerksamkeit des Lesers zu wecken.
Schreibsuchti Walter Epp beispielsweise beginnt einen Artikel über die Schreibblockade so: „‘Aaaaaahhh!‘ Der Schrei meiner Frau ist unverkennbar. Wurde sie erstochen? Ein Einbrecher? Graf Dracula? Nein. Es ist eine Spinne.“ (Wer wissen will, was die Spinne mit der Schreibblockade zu tun hat, lese Walters Artikel.)
An dieser Stelle erinnern Sie sich vielleicht an den oft gehörten Rat, den Leser am Anfang eines Blogartikels direkt ins Thema einzuführen. Erzählt man erst mal eine Anekdote, widerspricht das dem natürlich. Nun, keine Sorge: Starre Vorgaben sind dazu da, auch mal gebrochen zu werden (mehr zum Thema: Schreibdiktate beim Bloggen). Um die Aufmerksamkeit des Lesers zu gewinnen, gibt es mehrere Möglichkeiten: ein interessantes Thema, Sachinformationen, klar – aber eben auch ein spannendes Storytelling, die Kunst der Unterhaltung.
Superman oder SpongeBob Schwammkopf?
Wichtig: Die besten Anekdoten sind nicht die, die ein makelloses Bild von Ihnen zeichnen. Wenn Ihre Anekdote nur daraus besteht, wie toll und genial Sie in dem erzählten Moment waren, ist das schön für Sie, reißt den Leser aber nicht unbedingt vom Hocker.
Viel wirkungsvoller sind Anekdoten, in denen auch mal etwas schiefgelaufen ist (eine explodierende Lampe) oder die irgendwie ein bisschen verrückt sind (Quieken wie ein Schweinchen). Trauen Sie sich also ruhig, auch mal einen SpongeBob-Moment zu erzählen.
Wir sind fast am Ende angelangt. Eine Frage brennt Ihnen vielleicht noch auf den Nägeln:
Darf ich mir eine Anekdote ausdenken?
Wahrscheinlich wird es niemand merken, wenn Sie sich Ihre Anekdote nur ausdenken. Aber in meinem Gefühl wäre es „unethisch“, eine erfundene Geschichte für echt zu verkaufen. Was Sie weniger streng sehen müssen, sind kleine Optimierungen an der Dramaturgie:
- den Zeitpunkt verlegen (eine Geschichte ist später passiert, Sie verorten sie aber in Ihrer Gründungszeit)
- Dinge kürzen oder straffen (beteiligte Personen, Zwischenschritte, Zeitabläufe …)
Ihre Geschichte soll ja keine minutiöse Dokumentation werden, sondern es gilt durchaus die Freiheit des Erzählers. Die Hauptsache ist, dass Sie hinter Ihrer Anekdote stehen und sich darin wiederfinden.
Fazit: Erzähl doch mal
Anekdoten sind also eine wunderbare Möglichkeit, wie Sie sich als Person auf Ihrer Website oder in Ihrem Newsletter sichtbar machen können. Je ungewöhnlicher die erzählte Geschichte, desto besser bleibt sie in den Köpfen Ihrer Leser hängen, desto eher wird man sich bei einer Beauftragung an Sie erinnern.
Haben Sie auch schon mal eine Anekdote erzählt oder gibt es eine Geschichte, die Ihnen jetzt spontan einfällt? Dann teilen Sie sie doch mit uns im Kommentarbereich, ich würde mich freuen.
Lesen Sie auch:
Storytelling für Unternehmen: Eine Einführung
So schreiben Sie eine Unternehmensgeschichte, die garantiert nicht langweilt
Hallo, wer schreibt denn da? Warum Sie im Newsletter Ihr Ende der Leitung nicht vergessen sollten
Laura Wischhoff meint
Sehr geehrte Frau Lamer, es ist eine Freude, Ihre Seite zu besuchen, nicht nur aus grammatischer Sicht. Allerdings irritiert mich daher die Überschrift „Superman oder Spongebob Schwammkopf?“.
Mir ist nicht klar, was damit gemeint ist. Spongebob (Schwammkopf)? Spongebob-Schwammkopf? Nur „Spongebob“?
beste Grüße
Laura Wischhoff
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Wischhoff,
vielen Dank für das nette Feedback. Ich weiß nun meinerseits leider nicht genau, worauf Sie mit Ihrer Frage hinauswollen. Ist es vielleicht, weil Sie SpongeBob Schwammkopf nicht kennen? Das ist eine Zeichentrickfigur, ein durchgeknallter Schwamm, der im Meer lebt (klar, ist ja auch ein Schwamm). Wenn man eine Anekdote erzählen möchte, in der etwas schiefgelaufen ist, dann wäre SpongeBob Schwammkopf das perfekte Vorbild dafür.
Herzliche Grüße
Annika Lamer